Full text: Der Westphälische Kinderfreund

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zubrechen drohte, wo es deßhalb doppelt nothwendig war, sein Eigenthum mit 
starker Hand zu schützen und gegen Feinde muthvoll zu vertheidigen. Darum 
mochte es ein Unglück für Württemberg scheinen, daß gerade jetzt der tapfere 
Kämpe starb, und Ulrich II. nicht die Thatkraft seines Vaters und Bruders be- 
sessen zu haben scheint. Eberhard, der bei seines Vaters Tod noch nicht geboren 
1249. war, übrnahm nach seines Bruders Tod (1249) im 14. Lebensjahr die Re¬ 
gierung selbständig und zeigte bald, daß seine Mutter richtig prophezeit hatte: 
„So lange er lebt-, wird er allem Lande zu Schwaben mit Kriegen zu schaffen 
machen." Die Kaiser, die öfters ernst gegen ihn einschritten, sie vermochten seinen 
Trotz und seine Macht nicht zu brechen; den Städten und dem kleinern Adel blieb 
er ein fürchterlicher Schrecken; er war der angefeindete und bewunderte 
Held feiner Z eit. 
Im Jahr 1273 hatte Rudolfvon Habs bürg, ein Mann mit den 
trefflichsten Eigenschaften und herrlichsten Fürstentugenden begabt, den verwaisten 
deutschen Kaiserthron bestiegen. Er stellte sich die Aufgabe, in die deutschen Ver- 
Hältnisse der Zerrissenheit und Verworrenheit wieder Ordnung und Ruhe zu 
bringen. Kleine Fehden im Reiche suchte er in Person zu unterdrücken; er zog 
deßhalb von Reichstag zu Reichstag, um Landfriedensschlüsse durchzusetzen, und 
von Land zu Land, um den Frieden mit Gewalt zu handhaben. Man nannte ihn 
das lebendige oder wandelnde Gesetz. Gleichwohl blieb das Reich in Verwirrung 
und nur hie und da konnte er auf kurze Zeit die Ruhe herstellen. Am meisten 
zu schaffen machte ihm Eberhard von Württemberg. Diesem hatte er die 
Landvogtei über die niederschwäbischen Städte genommen, und seinem Schwager 
Albrecht von Hohenberg verliehen. Als sich hierauf Eberhard mit einer 
großen Anzahl Mißvergnügter gegen den Kaiser verband, überfiel dieser die Auf¬ 
ständischen und Eberhard mußte nachgeben. Doch währte der Friede nicht lange. 
Rudolf hatte den Plan gefaßt, das zersplitterte Herzogthum Schwaben wieder- 
herzustellen und seinem Sohne zu verleihen. Zugleich verwalteten die kaiserlichen 
Landvögte ihr Amt mit größter Strenge. Beides trug dazu bei, die Unzufrieden- 
heit der kürzlich Gedemüthigten zu steigern, und wie wäre es einer wilden Natur, 
wie Eberhard, möglich gewesen, sich länger in seinen Eroberungen aufhalten zu 
lassen durch Rudolf, der zwar sein Kaiser, aber erst vor kurzem nicht mehr als 
er selbst gewesen war. Unser Graf sah klar voraus, daß durch die Wiederherstel- 
lung Schwabens nicht bloß ein Theil der von seinem Vater errungenen Besitzungen 
wieder verloren gehen, sondern er selbst auch in seinen Eroberungen beschränkt werden 
wurde. Darum stellte sich Eberhard an die Spitze eines Bundes von vielen Ade- 
ligen (darunter die Grafen von Helfenstein, Zollern, Montfort), dem Abt von 
St. Gallen und den Städten Bern, Colmar und Hagenau; auf der andern Seite 
standen die beiden kaiserlichen Vögte, Graf Hang von Werdenberg in 
Oberschwaben und Graf Albrecht von Hohenberg in Niederfchwaben, der 
Herzog von Teck und der Pfalzgraf von Tübingen. Gegen letzteren war Eberhard 
gerade gezogen und hatte Weil im Schönbuch zerstört, als Rudolf ins württem- 
bergische Gebiet fiel, Nürtingen mit seinem festen Kirchhof eroberte und dann 
1286. Stuttgart von der Wagenburg aus belagerte (1286). Zwei Monate lang ver- 
theidigte Eberhard seine Stadt mannhaft; dann aber sah er sich zum Frieden ge- 
zwungen, der durch die Vermittlung des Reichskanzlers Heinrich von Jsny gün- 
stiger für den Grafen ausfiel, als man erwartet hatte. Er sollte Christen und
	        
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