Deutsche Musterstücke.
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6.
Seht den Himmel, wie heiter,
Laub und Blumen und Kräuter
Schmücken Felder und Hain;
Balsam athmen die Weste,
Und im schattigen Neste
Girren brütende Vögelein.
Ueber grünliche Kiesel
Rollt der Quelle Geriesel,
Purpurblinkendcr Schaum;
Und die Nachtigall flötet,
7. Im
Wie Feld und Au
So blinkend im Thau!
Wie perlenschwer
Die Pflanzen umher!
8. Das
Wer donnert? — O, getrost, getrost!
Es donnert unser Gott!
Sei immerhin, du Sturm, erboßt!
Wir fürchten keine Noth.
Wir wissen's ja, wir fühlen's auch,
Was er verhängt, ist gut.
Sein Arm ist Macht, Fried' ist sein
Hauch,
Der so viel Wunder thut;
Der wachsen läßt und läßt gedeihn
Und macht das Land so reich;
Zu dem die jungen Raben schrein,
Und er erhört sie gleich.
Er thut die Hellen Wolken auf,
Dann regnet's mild herab;
M a i l i e d.
114 vom Abend geröthet,
Wiegt flch spiegelnd der Blüthen-
bäum.
Alles tanzet vor Freude,
Dort das Reh auf der Haide,
Hier das Lämmchen im Thal;
Vögel dort im Gebüsche,
Dort im Teiche die Fische,
Tausend Mücken im Sonnen stral.
Doß.
Sommer.
Wie durch's Gebüsch
Die Winde so frisch!
Wie laut im hellen Sonnenstral
Die süßen Vöglein allzumal!
Göthe.
Gewitter.
Und muthig steigt empor im Thal
Die junge frische Saat.
Sein Donner rollt mit starkem
Schall
Und preiset seine That.
Nicht ferne kann er von mir sein,
Der Blitz verkündigt ihn;
Auf Wolken fährt der schnelle
Schein,
Die Nacht sinkt unterhin.
Gewitter gehen vor ihm her
Und nach ihm Himmelsbläu';
Er wirft den Sturm herab ins Meer
Und bricht den Blitz entzwei.
Er haucht die Sonne wieder an,
Sie leuchtet, wie zuvor,
Und fähret fort auf ihrer Bahn
Bis an das Abendthor.
Die Erde schauert, lebet auf
Und trinkt den Saft hinab.
Er thut uns allenthalben wohl,
Obgleich wir Sünder sind.
Sei, Erde, seines Namens voll,
Und preis' ihn, Menschenkind!
Overbeck.