Full text: Neuer Kinderfreund für sächsische Volksschulen

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Neunte Abtheilung. 
zum Zeichen seiner wohlwollenden Gesinnungen gegen ihn am 
24. Febr. 1548 auf deni Weinmarkte zu Augsburg feierlich mit 
dem Kurfürstenthume belehnt hatte, so konnte es ihm Moritz doch 
nicht vergessen, daß er seinen Schwiegervater, den Landgrafen 
Philipp von Hessen, immer noch in Gefangenschaft hielt. Moritz 
hatte nämlich nach der Schlacht bei Mühlberg den Landgrafen 
bewogen, sich in Halle dem Kaiser aus Gnade und Ungnade zu 
ergeben, ihm aber sein Leben und seine Freiheit verbürgt im Ver¬ 
trauen auf die Zusage der kaiserlichen Unterhändler, die ihn 
aber getäuscht hatten. Denn der Kaiser ließ den Landgrafen fest¬ 
nehmen und leugnete, irgend ein Versprechen gegeben zu haben. 
Auch trat die Absicht des Kaisers, den Protestantismus zu unter¬ 
drücken und die Rechte der deutschen Reichsstände zu schmälern, 
so unverhohlen hervor, daß Moritz den Entschluß faßte, diesem 
Beginnen des Kaisers mit Gewalt entgegenzutreten und ihn zur 
Freilassung des Landgrafen zu zwingen. Mit der größten Klug¬ 
heit suchte er dielen Plan auszuführen. Die ihm vom Kaiser- 
übertragene Belagerung der Stadt Magdeburg benutzte er, um, 
ohne Aufsehen zu erregen, eine ansehnliche Armee zusammenzu¬ 
bringen und schloß insgeheim gegen den Kaiser Bündnisse theils 
mit einigen deutschen Fürsten, theils mit dem Könige Heinrich II. 
von Frankreich. Nachdem er Alles genugsam vorbereitet glaubte, 
brach er den 20. März 1552 plötzlich aus Thüringen auf und 
stand, nachdem er sich mit seinen deutschen Bundesgenossen ver¬ 
einigt hatte, mit 30000 Mann vor Augsburg, während Hein¬ 
rich II. von Frankreich aus in Lothringen einfiel. Jeder der 
verbündeten Fürsten hatte seine Kriegserklärung vorausgeschickt. 
Moritz ließ sich nach der Einnahme von Augsburg durch Unter¬ 
handlungen nicht aufhalten, sondern drang rasch nach Jnsbruck 
vor, wo der Kaiser weilte Dieser sah sich genöthigt, um Mo¬ 
ritz nicht in die Hände zu fallen, sich in einer Sänfte, er litt 
nämlich am Podagra, über das Gebirge nach Villach in Kärn- 
then bringen zu lassen. Moritz verfolgte den Kaiser nicht weiter, 
indem er sagte, „daß er für solchen Vogel keinen Käfig habe," 
sondern brach gegen Frankfurt auf, welches in den Händen einer 
starken kaiserlichen Besatzung sich befand. Der Kaiser zeigte sich 
jetzt zum Frieden geneigt lind derselbe wurde bereits den 2. Aug. 
1552 zu Passau abgeschlossen. Nach demselben sollte beständiger 
Friede zwischen den Ständen alter und neuer Religion sein, alle 
gegen die neue Religion erlassenen Reichsbeschlüsse sollten aufge¬ 
hoben und vernichtet und Jeder in seinem Glauben und Besitze 
ungestört gelassen werden. Auch war die Freilassung des Land¬ 
grafen und die Aufhebung der Reichsacht gegen Andere darin 
festgesetzt. Friedrich der Großmüthige erhielt in dieser Zeit auch
	        
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