333
Höhlen findet) beruhte Palästinas Schutz gegen Syrien. Es enthielt eine große
Menge Städte, von denen noch zahlreiche Neberrreste zu finden sind. Sie ver¬
dankten einen großen Theil ihrer Macht und ihres Reichthums dem Karavanen-
handel, der im Alterthum so wichtig war; noch jetzt gehen hier nicht selten Kara-
vanen hindurch.
' 2.
Der Jordan hat, wie gesagt, das Eigenthümliche, daß sein ganzer Lauf durch
eine große Einsenkung in das Land bestimmt wird. Diese Einsenkung ist sehr
breit, selbst bis zu einer Tagereise, und der Strom selbst hat eine im Vergleich
damit unbedeutende Breite. Auf beiden Seiten wird diese Einsenkung von hohen
und steilen Klippen begrenzt. Der Boden ist nicht mit fruchtbarer Erde bedeckt,
sondern besteht aus kahlem Kalkfelsen, woraus die seltene Erscheinung hervorgeht,
daß der Fluß in einer unfruchtbaren Wüste läuft. Wir verstehen nun, wie Jo¬
hannes in der Wüste predigen und zugleich im Jordan taufen konnte, was sonst,
wenn der Jordan wie andere Flüsse wäre, schwer zu begreifen sein müßte.
Der noch junge Strom ergießt sich bald in einen kleinen See mit Namen
Merom. Wenn der Schnee auf den Bergen schmilzt, schwillt dieser See hoch
an; aber in der trockenen Zeit ist er ein Schilfboden. Hier war es, wo Josua einen
großen Sieg über viele Bergfürsten gewann, wodurch das Quellenland des Jordan
in die Hände der Israeliten kam. Von lhier fließt er in den See G e n e z a r e t h,
welcher nach der Provinz auch das Galiläische Meer und nach der daran
liegenden Stadt Liberias genannt worden ist. Die größte Länge desselben
folgt der Richtung des Flusses und beträgt 2 Meilen, die Breite ungefähr ^/4 Meile.
Auf der westlichen Seite liegt das schöne galiläische Bergland, auf der östlichen
vas wüste Felsengebirge der Gadarener. Er ist von einer Alpennatur umgeben,
welche ihm Aehnlichkeit mit dem Genfer See giebt. Von dem westlichen Hoch¬
land sieht der Betrachter auf das fruchtbare Küstenland des Sees nieder und die
majestätischen Bergketten der Ostseite hinan. Gen Norden erblickt er des Liba¬
nons schneebedeckte Kuppen und tiefer hinab den Libanonwald. Näber gegen den
See zeigt sich im Norden Naphthalim und Sebulons Berglandschaft, und
im Südwesten, nur 2'/? Meilen vom See, erhebt sich der kegelförmige Tabor.
Der See ist klar, das Wasser oben warm, am Boden sehr kalt durch das von den
Bergen zuströmende Wasser. !Das häufig gestörte Gleichgewicht zwischen der kalten
Luft der Berge und der warmen der Thäler verursacht, daß dieser See so oft von
Stürmen heimgesucht wird, daß man ihn in unserer Zeit nur ganz nahe an den
Küsten befährt. Er ist reich an trefflichen Fischen. Die Fruchtbarkeit des ihn
umgebenden Thales ist berühmt. Die Bergumgebung bietet so große Wärmever¬
schiedenheiten dar, daß das mannigfaltigste Pflanzenleben sich hier auf einem kleinen
Raum entwickeln kann. Die Dattelpalme, welche Hitze verlangt, und der Wal¬
nußbaum, welcher Kühlung bedarf, gedeihen dort, ebenso derOel- undderFeigen-
baum; die Weinrebe bringt hier einen außerordentlichen Reichthum an Trauben.
3.
Vom Genezareth an hat der Jordan ein bedeutendes Gefälle, aber je weiter
er sich entfernt, desto langsamer fließt er. In der Nähe des Sees ist das Thal
noch grasreich, aber weiter hinab zeigt es sich als nackte Felseinöde. Weiter süd¬
lich von Jericho ist dies Thal mit einem salzhaltigen, sandartigen und so weichen
Lehm bedeckt, daß Pferde bis an die Knie einsinken.
Jericho bildet eine Oase am Jordan. Es ist von Bergen umgeben und
war im Alterthum, als die Quellen eingefriedigt und reingehalten wurden, ein
reich bewässerter Garten in einer heißen Landschaft, beinahe >/2 Meile breit und
dreimal so lang. Hier standen Palmen mit den süßesten Datteln, Reben mit
den köstlichsten Trauben und der berühmte Balsambusch. Bei Jericho ist von
Osten her einer der natürlichen Eingänge in das eigentliche Palästina; hier war
es auch, wo die Israeliten eindrangen.