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SOO. Die Wasservögel.
Zahllos sind die Scharen der Vögel, welche allein das Meer ernährt.
Jedes Felseneiland, jede Klippe im Ocean ist ein Zufluchtsort von Millio¬
nen Seevögeln, welche im Meere ihre reichbesetzte Tafel finden. Alle Küsten
von den Polen bis zum Aequator sind von diesen heiteren Gasten bevölkert;
ihre Scharen schweben weit über die Flächen des Meeres.
Das Reich der Seevögel bildet ein wohlberechnetes Glied in der großen
Haushaltung der Natur. Sie entziehen dem Meere durch die verzehrten
Fische und Gewürme beständig eine Mässe von festen, salzigen Stoffen und
geben dieselben als Guano dem Lande zurück. Die Regierung von Peru
bezieht gegenwärtig durch Ausführung des Düngers, welchen die Seevögel
seit Jahrtausenden auf den Inseln angehäuft haben, ein reicheres Einkom¬
men, als aus allen Silbergruben des Landes.
Manche Seevögel sind mit einer fast unermüdlichen Flugkraft begabt,
um ihre Beute auf dem hohen Meere zu erjagen, andere suchen an den
seichten Ufern ihre Nahrung; andere wetteifern im Schwimmen und Tauchen
mit den Fischen. Die Sumpfvögel, die sich am Ufer der Meere und Flüsse
aufhalten, wie z. B. Reiher, Storch, Ibis, Flamingo, Löffelgans, Wasser¬
läufer H., haben lange Stelzenfüße, unbefiederte Unterschenkel, kurzen Schwanz
und langen Hals, damit sie beim Fischen ihrer Nahrung im Sumpfe ihr
Gefieder nicht naß machen. Die Füße sind meistens Spaltfüße mit langen
Zehen, seltener, wie beim Flamingo, mit einer Haut verwachsen.
Die Schwimmvögel dagegen, welche für das beständige Schwimmen
und Untertauchen im Meere bestimmt sind, haben kurze, weit nach hinten
stehende Beine, deren Zehen entweder mit einer ganzen Schwimmhaut oder
mit lappenförmigen Rändern wie mit Rudern versehen sind. Ihr Hals ist
lang und beweglich; der Schnabel, je nach der Nahrung, die er suchen soll,
löffel- oder hakenförmig, platt oder spitzig.
Die Sturmvögel, welche auf hohem Meere oft 400 Meilen weit vom
Lande ihre Beute suchen, sind für den weiten, schnellen Flug vortrefflich
eingerichtet. Unter diesen ist der F r e g a t t e n v o g e l der König der Lüfte.
Sein Körper hat die Größe einer Henne, seine ausgebreiteten Flügel er¬
reichen eine Breite von 14 Fuß, seine Füße sind kurz und handartig, sein
Auge ist äußerst scharf, sein großer, hakenförmiger Schnabel ist furchtbar,
sein Schwanz gabelförmig, sein Gefieder schwarz. Er schwebt in der Luft
so leicht wie eine Feder. Kommt ein Sturm, so steigt er in eine Höhe,
die der Sturm nicht erreicht, und thront im heiteren Aether wie in einer-
sanften Wiege triumphierend über alle Gefahr. Rudert er ernstlich mit
seinen Schwingen, so schwindet jede Entfernung. Er erwacht an Asrika's
Küste und nimmt in Amerika sein Abendbrot. Er bedarf dieses blitzschnellen
Fluges, weil er von Fischen lebt, die er entweder bei ihrem Emporschnellen
über den Wasserspiegel in der Luft fängt, oder im Fallen erhascht, wenn
er den bedrängten Seegeiern ihre Beute abjagt.
Jede der zahlreichen Gattungen von Seevögeln ist der eigenthümlichen