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3. Entschließ' du dich, mich fortzutragen, 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücke«
so will ich dir die Stege sagen: sich auf des Blinden breiten Rücken:
so wird dein starker Fuß mein Bein, vereint wirkt also dieses Paar,
mein Helles Auge deines sein. was einzeln keinem möglich war.
63. Die Pfauen und die Krähe.
(Fabel.)
Eine stolze Krähe schmückte sich mit den ausgefallenen Federn der
farbigen Pfauen und mischte sich kühn, als sie genug geschmückt zu
sein glaubte, unter diese glänzenden Vögel. Sie ward erkannt; und
schnell fielen die Pfauen mit scharfen Schnäbeln auf sie, ihr den be¬
trügerischen Putz auszureißen.
„Lasset nach!" schrie sie endlich; „ihr habt nun alles das Eurige
wieder." Doch die Pfauen, welche einige von den eigenen glänzenden
Schwingfedern der Krähe bemerkt hatten, versetzten: „Schweig', arm¬
selige Närrin ; auch diese können nicht dein sein !" — und hackten weiter.
64. Zwei Räthsel.
I. Im Lenz erfreu’ ich dich,
im Sommer kühl’ ich dich,
im Herbst ernähr’ ich dich,
im Winter wärm’ ich dich.
2. Erst weisz wie Schnee,
dann grün wie Klee,
dann roth wie Blut,
schmeckt’s Kindern gut.
65. Die Treiber und der Lastträger.
Der König Alexander von Macedonien saß neben der Thür seines
großen Zeltes und wartete auf einen großen Haufen Geld, das ihm
gebracht werden sollte. Das Zelt stand auf einer kleinen Anhöhe, und
der König konnte von da die ganze Gegend übersehen. Er sah nach
der Richtung hin, woher das Geld gebracht werden sollte. Lange hatte
er schon so gesessen, da bemerkte er, wie sich in der Ferne Staubwolken
erhoben. Ein langer Zug von Maulthieren kam daher und ging auf
das Lager zu. Aber die Thiere waren so schwer beladen und so müde
geworden, daß sie nicht weitergehen wollten. Die Treiber aber wollten
das Geld recht bald dem Könige zu Füßen legen und von ihm eine
Belohnung empfangen. Sie hieben daher aus die matten Thiere un¬
barmherzig los und schrieen dazu so laut, daß alle Soldaten aus ihren
Zelten stürzten, um zu sehen, was es gäbe. Nur einer von den Trei¬
bern band sein Thier an einen Lagerpfahl, nahm ihm die schweren
Säcke ab und trug sie in drei Maien zum Könige hin. Der König
aber, der ihn besonders in's Auge gefaßt hatte, trat ibm entgegen, als
er zum dritten Mal kam, und sagte: „Mein Freund, bring' diese zwei
Säcke nicht in mein, sondern in dein Zelt. Du bist werth, siezn
besitzen."