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gegen die ungeheure UeLermacht der Feinde. Am 19. September ließ Waldstein
zum letzten Angriff blasen; in gedrängten Haufen zogen seine Scharen auf die
Brücke zu und suchten das Thor zu sprengen. Da erkannte Schuht, daß es zum
äußersten gekommen sei; er ließ, so wird erzählt, eine Kanone unter das Thor
führen, die Thüren öffnen und das Geschütz auf die in dichten Haufen vordringen¬
den Feinde abfeuern. Ganze Reihen wurden niedergestreckt, aber immer frische
Truppen schritten über die Leichen der Ihrigen vor. Als nun der tapfere Schuht
die stürmenden Feinde nicht zurückdrängen konnte, gedachte er ruhmvoll zu sterben.
Er ließ ein Pulverfaß unter das Thor bringen, setzte sich mit einer brennenden
Lunte darauf, zündete es an und sprengte sich und die umstehenden Feinde in die
Luft. Durch den Pulverdampf drang jetzt der Feind mit wildem Kriegsgeschrei
in die Burg; was sich von derBesatzung auf denHöfen und Wällen befand, ward
sogleich niedergehauen; denn Waldstein hatte befohlen, keinem Manne das Leben
zu lassen.
Im Saal des Schlosses standen die letzten Männer gedrängt zusammen und
erwarteten den Tod. Die Feinde drangen ein und metzelten alle nieder. Wäh¬
rend das ganze Schloß vom Jammergeschrei der Sterbenden widerhallte, saß
der furchtbare Waldstein auf der Vordiele und spottete und lachte. — Endlich
ward es still im Schlosse, und da gebot er den geschonten Weibern, das Blut ihrer
erschlagenen Männer von den Dielen zu waschen; aber diese wollten liebersterben,
als sich zu einem solchen Blutdienste verstehen. — Das ganze Schloß wurde aus¬
geplündert, alle Schätze, die Heinrich Rantzau gesammelt, wurden vernichtet oder
weggeschleppt und sind der Nachwelt unwiederbringlich verloren.
17. Herzog Friedrich III. von Gottorp.
In der ersten Hälfte deö 17. Jahrhunderts sah es traurig aus in unserem
Lande: durch die verheerenden Züge Waldstein's und des Schweden Torstenson
hatten alle Stände, Adel, Bürger und Bauern, furchtbar gelitten; ganze Strecken
Landes waren verödet und unbewohnt, viele Häuser in den Städten leer; Wölfe
hausten wieder in den Heiden. Dabei war das Volk verwildert, und immer mehr
wich die alte Einfachheit und Reinheit der Sitten. Fürsten und Adel waren dem
Laster der Trunkenheit ergeben; die jungen Ritter führten ein wüstes, wildes
Leben und verübten gegen die friedlichen Bürger und wehrlosen Landlente schwere
Gewaltthaten.
Mitten in diesen schlimmen Zeiten herrschte zu Gottorp der Herzog Friedrich III.,
ein milder, wohlthätiger Herr, der keinem Bittenden etwas abschlagen konnte,
kein Freund der Gelage und des rohen Trinkens und ein Feind aller Gewaltthätig¬
keiten. Während seiner ganzen wechselvollen Regierung war er immer bemüht
das Wohl des Landes zu heben. An seinem Hofe lebten die bedeutendsten Künstler
und Gelehrten und wurden in allen ihren Bestrebungen von ihm gefördert. Der
Maler Jurian Ovens ans Tönning schmückte sein Schloß durch herrliche Gemälde.
Ein weitberühmter Gärtner, Clodius,' verwandelte die bewaldeten Höhen in der
Umgebung des Schlosses in einen prächtigen Park; Adam Olearius sammelte aus
des Herzogs Befehl reiche Kunstschätze an; eine große Bibliothek aus den seltensten
Büchern und Handschriften war in einer Reihe von gewölbten Zimmern auf¬
gestellt. Daneben ließ er eine sogenannte Kunstkammer anlegen, worin die
wunderbarsten Seltenheiten und Raritäten aus aller Herren Ländern gezeigt
wurden. Es fanden sich da Figuren von allerlei Volk in ihren heimischen Trachten,
allerlei Arten fremder Thiere, Versteinerungen, Pflanzen und Münzen. In ganz