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3. O helft, ich muß versinken
in lauter Eis und Schnee!
O helft, ich muß ertrinken
im tiefen, tiefen See! —
Wär' nicht ein Mann gekommen,
der sich ein Herz genommen,
o weh!
4. Der packt es bei dem Schopfe
und zieht es dann heraus,
vom Fuße bis zum Kopfe
wie eine Wassermaus.
Das Büblein hat getropfet,
der Vater hat geklopfet
es aus
zu Haus.
94. Gebet rines Kindes an den heiligen Christ.
1. Du lieber, heil'ger, frommer Christ,
der für uns Kinder kommen ist,
damit wir sollen weiß und rein
und rechte Kinder Gottes sein;
2. Du Licht, vom lieben Gott gesandt
in unser dunkles Erdenland,
du Himmelskind und Himmelsschein,
damit wir sollen himmlisch sein;
3. Du lieber, heil'ger, frommer Christ,
weil heute dein Geburtstag ist,
drum ist auf Erden weit und breit
bei allen Kindern frohe Zeit.
4. O segne mich, ich bin noch klein,
o mache mir das Herze rein!
O bade mir die Seele hell
in deinem reichen Himmelsquell!
5. Daß ich ein Engel Gottes sei,
in Demuth und in Liebe treu,
daß ich dein bleibe für und für,
du heil'ger Christ, das schenke mir!
95. Drei Fabeln.
1.
Eine Schwalbe flog auf ein Schaf, ihm ein wenig Wolle für ihr
Nest auszurupfen. Das Schaf sprang unwillig hin und wieder. „Wie
bist du denn nur gegen mich so karg?" sagte die Schwalbe. „Dem Hirten
erlaubst du, daß er dich deiner Wolle über und über entblößen darf; und
mir verweigerst du eine kleine Flocke. Woher kommt das?"
„Das kommt daher", antwortete das Schaf, „weil du mir meine
Wolle nicht mit eben so guter Art zu nehmen weißt, als der Hirte."
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2.
Der Rabe bemerkte, daß der Adler ganze dreißig Tage über seinen
Eiern brütete. „Und daher kommt es ohne Zweifel", sprach er, „daß die
Jungen des Adlers so scharfsichtig und stark werden. Gut! das will ich
auch thun."
Und seitdem brütet der Rabe wirklich ganze dreißig Tage über seinen
Eiern; aber noch hat er nichts als elende Raben ausgebrütet.
Vaterländisches Lesebuch. 4