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-a hat er böse drein geseh'n:
„Wollt ihr wohl gleich zur Schule gehn ?"
Da sprach ein dicker Bube: „Ach!
heut ist ja Mittwoch Nachmittag!"
Der ganze Chor fiel jubelnd ein:
„Der alte Fritz will König sein
und weiß nicht mal, daß dieser Frist
des Mittwochs keine Schule ist!" —
Der König stille vor sich lacht
und hat in seinem Sinn gedacht:
„Wie reich bist, liebe Einfalt, du!
Ich alter Mann hab' keine Ruh' :
des Morgens ruft mich Sorge wach,
dann drückt mich Müh' den ganzen Tag,
daß meine Kinder groß und klein
sich ihrer Feierstunde freu'n!"
Gewiß, so hat der Held gedacht,
er hat sein Denken wahr gemacht.
Drum, wo man Gutes liebt und ehrt,
sein Angedenken ewig währt,
uud jedes Kindlein ehrfurchtsvoll
den Edlen kennen lernen soll.
141. Friedrich der Große und sein Kammerdiener.
Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in die Nacht hinein.
Einst saß er noch arbeitend an seinem Pulte, als die Mitternachtsstunde
schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammerdiener Heise in das Zimmer.
Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und konnte sich schon erlauben,
was ein anderer nicht wagen durfte. Jetzt erinnerte er den König, daß es
schon spat und Zeit zur Ruhe sei. Der König sagte: „Ich habe da eine
wichtige Arbeit vor, die keinen Aufschub leidet. Wenn ich jetzt zu Bette
gehe, so muß Er mich spätestens morgen früh um 4 Uhr wecken. Ich werde
dann noch schläfrig sein und nicht aufstehen und Ihn wieder wegschicken
wollen. Aber ich befehle Ihm, daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn
ich nicht ausstehen will, so ziehe Er mir nur die Bettdecke weg. Hört Er?"
Mit dem Schlage vier trat Heise ein. Der König schlief sanft und fest;
aber der treue Diener weckte ihn mit lauter Stimme. Der König schlug
die Augen auf und sprach : „Es ist mir leid geworden ; ich muß noch zwei
Stunden schlafen, komme Er um 6 Uhr wieder!" „Aber Ew. Majestät
haben befohlen," sagte Heise. „Schäker!" rief der König, „Er hört es
ja, ich will nicht." „Majestät, Sie müssen," antwortete Heise und zog
die Bettdecke weg. Da stand der König auf. Schlaftrunken gähnte und
reckte er sich und sprach : „Ach, wäre ich doch ein Negierungsrath geworden !"
142. Friedrich belohnt die Tapferkeit.
Als der König im Jahre 1757 in Böhmen auf dem Marsche
war, ritt er mit einem Husarenunteroffizier und sechs Mann voraus,
um die Gegend zu durchforschen. Eine feindliche Husarenabthei¬
lung von fünfzehn Mann kam ihnen entgegen. „Was willst du nun
machen?“ fragte Friedrich den Unteroffizier. „Wenn Euer Ma¬
jestät erlauben, dasz ich denken darf, Sie wären nicht zugegen, so
jage ich die fünfzehn Husaren alle in die Flucht." — „Nun, so
denke es einmal!“ sagte der König. — Der Unteroffizier rief da¬
rauf seinen sechs Mann zu: „Kinder, nun vorwärts ! Ein jeder von