Full text: Der Deutsche Kinderfreund

183 Vfli. Von der Religionslehre. 
hat nichts weiter, als Naturtriebe, und durch diele 
wird es gezwungen, das zuthun, was zu seinem Be¬ 
stehen und zu seiner.Fortpflanzung nöthig ist; es 
rann an dem, was es thut und macht, Nichts ver¬ 
bessern; es kann auch nicht einsehen, warum es gera¬ 
de dies, und nichts Anderes thun müsse; es kann 
-Leinen Trieben nicht widerstehen, es kann ste nicht 
leiten und beherrschen es weiß nicht, warum und wo¬ 
zu es da ist, und hat keine Vorstellung von Gut und 
Böse, Recht und Unrecht, Freude und Leid. Nur der 
- Mensch kann denken , und sich Vorstellungen machen; 
Denn er hat Verstand, d. h. ein Vermögen, das 
gesehene, Gehörte, Gefühlte und Empfundene gleich- 
sam in sich abzubilden, die Merkmale der gesehenen, 
sehörten oder empfundenen Dinge und Gegenstände 
zusammen zu fassen und zu vereinigen, und auf diese 
Art täglich unzählige Vorstellungen in sich aufzuneh¬ 
men, diese mit einander zu verbinden und daraus 
Begriffe zu bilden. . 
-. Das Thier muß blindlings seinen Trieben folgen ¬ 
der Mensch kann sie beherrschen, mäßigen und leiten. 
Hch kann z. B. am Morgen, wenn ich geweckt werde, 
dem sinnlichen Triebe zur Ruhe, der mich nöthigt, 
noch länger zu schlafen, Widerstand leisten, und zwar 
Durch die Vorstellung meiner Vernunft, daß eS thöricht 
und unrecht fein würde, noch länger zu ruhen, wenn 
Der Körper nicht mehr der Ruhe bedarf, und die kost¬ 
bare Zeit, welche nützlich angewandt werden soll, 
Durch längeres Schlafen zu verschwenden. Ich fühle 
-such einen mächtigen Drang, das zu thun, was wei¬ 
lte Vernunft mir sagt. Es ist mir nicht möglich, daS 
zu lieben und gut zu heißen, was ich durch mein Nach¬ 
denken für unrecht und böse erkenne, und ich habe ein 
-schmerzliches Gefühl in meinem Innern, ich bin un¬ 
ruhig und voll Furcht, so oft ich mich durch meine sinn¬ 
lichen Triebe verleiten ließ, das Unrechte zu thun. Ich 
kann mich nicht von Herzen freuen,lweiin ich mir da¬ 
durch ein Vergnügen verschaffte, daß ich meinen Aes- 
itern ungehorsam war, und es hott auf, für mich ein 
Vergnügen zu sein, wenn ich mir bewußt bin , daß ich 
UM dieses Vergnügens willen Etwas unterlassen habe, 
was ich hätte thun sollen. Ich sehe ein, daß ich Alles 
thu» sott', was ich durch mein Nachdenke» für recht
	        
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