Full text: Preußischer Kinderfreund

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einem Kirschbaume, bemerkte er, dass einige reife Kirschen auf 
demselben saßen; die glänzten ihm rötblich entgegen, und es 
gelüstete ihn, sie zu pflücken. Da ließ er das Thier allein 
und kletterte auf den Baum. 
Die Kuh aber, da sie den Hirten nicht sah, ging 
davon und brach in den Garren und fraß Blumen und 
Kräuter nach ihrem Gelüste, anderes zertrat sie mit ih¬ 
ren Füßen. 
Als der Knabe solches sah, ward er sehr entrüstet; sprang 
von dem Baume auf die Erde, lief hin, ergriff das Rind 
und schlug und schmähete es jämmerlich. 
Da trat der Vater, der Alles gesehen hatte, zu dem 
Knaben, sah ihn ernst an und sprach: Wem gebührt solche 
Züchtigung? dir, oder dem Thiere, das nicht weiß, was rechts 
oder links ist? Bist du minder deinem Gelüste gefolgt, als 
das Thier, welches du leiten solltest? Und nun übest du so 
ein unbarmherziges Gericht und vergissest deiner Vernunft 
und deiner eignen Sünde! 
Da schämte sich der Knabe und erröthete vor dem 
Pater. 
Gottes Vatertreue. 
Es ist kein Mäuschen so jung und klein, 
Es hat sein liebes Mütterlein, 
Das bringt ihm manches Krümchen Brot, 
Damit es nicht leidet Hunger und Noth. 
Es ist kein liebes Vogelein 
Im Garten draußen so arm und klein, 
Es hat sein warmes Federkleid; 
Da thut ihm Regen und Schnee kein Leid. 
Es ist kein bunter Schmetterling, 
Kein Würmchen im Sommer so gering. 
Es findet ein Blümchen, findet ein Blatt, 
Davon es isst, wird froh und satt. 
Es ist kein Geschöpf in der weiten Welt, 
Dem nicht sein eignes Theil ist bestellt, 
Sein Futter, sein Bett, sein kleines Haus, 
Darinnen es fröhlich geht ein und aus. 
Und wer hat das Alles so bedacht? 
Der liebe Gott, der Alles macht, 
Und sieht auf Alles väterlich, 
Der sorgt auch Tag und Nacht für mich.
	        
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