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Brigitte sagte: „Wie magst du doch lachen? dein Korb
ist ja so schwer, wie der weinige, und du bist um Nichts
stärker als ich."
Katharina sprach: „Ich habe ein gewisses Kräutlein zur
Last gelegt, und so fühl' ich sie kaum. Mach' es auch so!"
„Ei! rief Brigitte, das muss ein kostbares Kräutlein sein.
Ich möchte mir meine Last damit auch gern erleichtern. Sag'
mir doch einmal, wie cs heißt!"
Katharina antwortete: „das kostbare Kräutlein, das alle
Beschwerden leichter macht, heißt — Geduld." Denn
Leichter trägt da, was er trägt.
Wer Geduld zur Bürde legt.
102.
Vortrauen.
Ob ich lange leben werde?
Ob ich zeitig sterben werde?
Ob ich oft mich freuen werde?
Ob ich häufig weinen werde?
Von dem Allen weiß ich nichts.
Aber, dass ich, weil ich lebe.
Unter Gottes Schutze lebe.
Dies weiß ich und fürchte Nichts.
Dinter.
103.
Der junge Baum.
Das liebe kleine Bäumchen hier
Ist, wie man sagt, gleich alt mit mir.
Und trägt so jung und zart
Schon Früchte von der besten Art.
Es lohnt dem Gärtner, dessen Hand
So vielen Fleiß darauf verwandt;
Wie wird es ihn erfreu'n.
Wird es zum Baum erwachsen sein.
Ol bin ich nicht dem Bäumchen gleich?
Zwar jetzt nur noch an Blättern reich;
Doch giebt mir Gott Gedeih'n,
So will ich's auch au Früchten sein.
Mühle.
Die Windmühle steht frei auf einem Hügel. Stände
sie in einem Thale, so würde der Wind sie nicht treffen, und