Gesundheitslehre. 193
Wir wollen uns hierbei merken, daß es äußerst ge¬
fährlich ist, die von der Kälte erstarrten Hände am
heißen Ofen, oder gar am Feuer zu erwärmen; man
muß sie reiben, und so zu erwärmen suchen. Nicht
weniger schädlich ist es, die Hände, welche man eben
in kaltem Wasser gehabt hat, sogleich wieder in war¬
mes zu stecken. Hat man vom Froste das Kribbeln
in den Händen, oder in den Fingern, so stellt man das
verlorne Gefühl am besten dadurch her, daß man
sich mit Schnee reibt.
Da unsere Seele vermittelst der Eindrücke, wel¬
che die Sinne von den äußeren Gegenständen bekommen,
Vorstellungen erhält, so ist es nothwendig, daß wir
unsere Sinne - besonders in der Jugend, täglich und
vielfältig zu üben suchen, um recht verständig zu wer¬
den; und vor dem thörichten Glauben an Gespenster be¬
wahrt zu bleiben. Es würde weit weniger Aberglaube
in der Welt seyn, wenn alle Menschen von Kindheit an
ihre Sinne sorgfältig geübt, und dadurch gesund erhal¬
ten hätten. Besonders können uns Gesicht und Gehör,
wenn sie nicht geübt sind, in der Nacht betrügen, so
daß wir furchtbare Gestalten zu sehen, und schreckliche.
Töne zu hören glauben, wo doch weder etwas zu sehen
noch zu hören ist. Sind aber diese Sinne gehörig ge¬
übt, und geht man beherzt auf das, was man sieht oder
hört, los, und faßt es mit den Händen, so wird man
finden, daß alle Gespenster nur Betrug böser Men¬
schen, oder Täuschungen unserer Sinne sind. Höret
hiervon ein merkwürdiges Beispiel.
In einem kdagdeburgiicben Dorfe wohnte ein recht¬
schaffener und verständiger Prediger, welcher seine
grösste Freude an der Erziehung seiner Kinder fand.
Er hatte oft die Erfahrung gemacht, wie viel Unheil
die thörichte Furcht vor Gespenstern unter den Men-
sehen anrichtet, und lieft es sich daher bei der Erzie¬
hung seiner Kinder angelegen seyn, sie vor dieser
Furcht zu bewahren. Sie mussten, schon in der ersten
Kindheit, des Abends eine Zeitlang allein im Finstern
bleiben, mussten gewöhnlich ohne Licht zu Bette ge¬
hen, und zuweiten im Finstern aus abgelegenen Ge¬
genden des Hauses, wo sie genau Bescheid wussten;