Full text: Der deutsche Kinderfreund

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VI. Bon dem Menschen. 
Bon den Sinnen. 
Durch alle deine Sinne erhältst du Empfindun¬ 
gell und Vorstellungen von dem, was außer dir ist. Wür¬ 
dest du z. B. wohl eine Vorstellung von dem Duft einer Rose 
haben, wenn du ihn nicht dlirch den Geruch empfunden hät¬ 
test? Könntest du dir den Knall einer Kanone und die schwarze 
Farbe vorstellen, wenn du jenen noch nie gehört, und diese 
nie gesehen hättest? Beschreibe einem Blindgebornen die 
schlvarze Farbe, und einem Taubgebornen eine schöne Mu¬ 
sik, so gut du kannst; Beide werden doch nimmermehr 
eine deutliche Vorstellung davon erhalten. 
Zuerst wollen wir über den Sinn deS Gefühls wei¬ 
ter nachdenken. Wenn wir fühlen wollen, ob Etwas hart 
oder weich, kalt oder warm, rauh oder glatt ist, so bedie¬ 
nen nur uns dazu der Hand, und vorzüglich der Fingerspitzen, 
weil wir in diesen das feinste Gefühl haben. Aber wo¬ 
her kommt eö, daß wir mit den Fingerspitzen so sein fühlen 
kölmen? Weil da die Haut am dünnsten und weichsten ist, 
und weil sich da viele Nerven endigen. Aber die Hände sind 
nicht die einzigen Werkzeuge der Empfindung; der 
ganze Körper ist ihr Werkzeug. Deine Empfindungen sind 
nicht alle von einerlei Art. Richt wahr, du hast eine unan¬ 
genehme Empfindung, wenn du aus einer wohl geheizten 
Srube auf ein Mal in die Kälte kommst? Aber deine Empfin¬ 
dlingen sind sehr angenehm, wenn du ans der Kälte in eine 
warme Stube trittst? Du siehst hieraus, daß deine Empfin¬ 
dungen eben so verschieden sind, als die Eindrükke, welche die 
äußeren Gegenstände auf dich machen. Sind diese Eindrükke 
nur schwach, so sind eö auch deine Empfindungen; sind sie 
stark, so hast du auch stärkere Empfindungen. Wiirde nicht 
deine Empfindung weit stärker seyn, wenn dir einer deiner 
Milschüler auS Unvorsichtigkeit die schwere Bank auf den Fuß 
würfe, als wenn er dir nur ganz leise auf den Fuß träte? 
Wie heftig ist die Empfindung, wenn man sich den Finger 
vorn am Nagel klemmt; aber bei weitem nicht so heftig ist 
sie, wenn man sich den Arm klemmt, weil man am Arme 
nicht so empfindlich ist, als am Finger. Ein Stich in die 
Fußsohlen schmerzt lange nicht so heftig, als ein Stich ht die 
Hand oder in den Arm, weil der Mensch an der Fußsohle 
eine überaus dikke Oberhaut hat, und der Schmerz dadurch 
gemäßigt wird. Durch Gewohnheit und Abhärtung kann 
auch ein Theil des Körpers fast unempfindlich werden.
	        
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