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ein Jahr. Der nach den Neuwahlen im folgenden Jahre zusammen¬
getretene Landtag war bereit, bie Heeresvorlage anzunehmen, wenn
die zweijährige Dienstzeit eingeführt werden sollte. Dazu konnte sich
der König jedoch nicht entschließen, und so wurde die Vorlage wieder
abgelehnt. Der König und sein Kriegsminister hielten aber die Neu¬
gestaltung des Heeres für dringend notwendig und blieben bei ihrem
Plan. Der Streit-zwischen der Regierung und dem Abgeordneten¬
haufe ward immer heftiger (M i l i t ä r k o u f l i k t); auch im folgen¬
der: Jahre wurden die Summen nicht bewilligt. Der König war tief
erschüttert Seine Gewissensüberzeugung und sein Pflichtgefühl ver¬
boten ihm, feinen Plan aufzugeben; fein landesväterliches Herz litt
schwer unter dem Streit mit feinem geliebten Volke, das feine Ab¬
sichten verkannte. Da griff der König zum letzten Mittel: er berief
Otto von Bismarck (geb. 1. April 1815), damals preußischer
Gesandter in Paris, an die Spitze des Ministeriums (1862) (vergl.
Teil I, S. 52). Bismarck hatte als Staatsmann in feinen verschiedenen
Ämtern bereits Einsicht und Willensstärke genug bewiesen, so daß er
wohl geeignet erscheinen konnte, des Königs Werk siegreich zn Ende
zn führen. Allein die öffentliche Meinung und das Abgeordnetenhaus
sahen in ihm nur den „Junker", der 1848 in der preußischen National¬
versammlung fcharf und schlagfertig bie Rechte des Adels verfochten
hatte; man empfing ben neuen Minifterpräfibenten mit tiefem Mi߬
trauen. Nichts halfen ihm bie versöhnlichen Worte, mit benen er feine
Ziele anbeutete: er wolle auch, wie bie Abgeorbiteten, Preußens Macht
erhöhen imb Deutfchlaubs staatliche Zustänbe bessern; aber „bie großen
Fragen ber Zeit werben nicht burch Reben imb Mehrheitsbeschlüsse
entfchieben, fonberit burch Blut und Eisen." Damit wollte er die Not¬
wendigkeit eines tüchtigen Heeres andeuten; aber das Abgeordneten¬
haus blieb bei seinem Widerstände und verweigerte die Mittel für das
Heer. Da schloß Bismarck den Landtag und erklärte, bie Regierung
werbe auch ohne Genehmigung bes Landtages bie notwenbigen Gelber
einziehen unb ausgeben. Das wieberholte sich auch im Jahre 1863.
Von ben Gegnern würbe bies Verfahren als nerfaffungstoibrig be¬
zeichnet; Bismarck bagegen hielt es für eine Staatsnvtwenbigkeit. So
verschaffte er bem Könige ein tüchtiges Heer. Die Zeit, ba Preußen
das gebrauchte, war näher, als man glaubte.
94. Der Krieg mit Dänemark.
1. Ursache und erster Schleswig-Holsteinische Krieg, 1848—1850.
Schleswig-Holstein hatte in früherer Zeit eigene Herzöge. Als diese
ansstarben, wählten beide Länder im Jahre 1460 den König von
Dänemark, ber mit bem ausgestorbenen Herzogsgeschlecht verwandt
war, zu ihrem Herzog, jeboch unter ber Bebingung, baß beibe Länber
„up ewig ungebeelt" imb beutsch bleiben sollten; mit Dänemark waren
sie nur soweit verbunben, als ber Dänenkönig auch immer zugleich