Full text: Der deutsche Kinderfreund

zur Beförderung guter Gesinnungen k. 61 
um seiner Mutter ein ruhiges Alter zu verschaffen. Der 
arme Valentin hatte aus kindlicher Liebe eine große Last 
auf sich geladen. Mit Kummer erwachte er am Morgen, mit 
Sorgen legte er sich Abends zur Ruhe. Er hatte nicht ein 
Mal so viel Geld, um Korn zur Aussaat zu kaufen, oder 
die Bestellung seines Akkers zu bezahlen. Zwar hatte ein 
Nachbar aus Mitleiden sich erboten, ihm einen Theil seines 
Akkers bis zur Besäuug zu bestellen; aber wo sollte der ar¬ 
me Valentin das Geld hernehmen, um Saatkorn zu kau¬ 
fen? Er saun hin und her. Zu borgen war ihm bedenklich, 
denn wovon sollte er wieder bezahlen, da die Schuldenlast 
schon so groß war? Vielleicht, dachte er endlich, stndest du 
Vorrath bei einem Hamster. Er suchte, und fand glücklich 
die Vorrathskammer eines Hamsters, und in derselben so 
viel Weizen, wie er bedurfte. Noch waren die Körner uu- 
versehrt und zum Keimen geschickt. Von einer schweren 
Sorge war nun doch der arme bekümmerte Valentin frei. 
Freudig verkündigte er seinen Fund dein Nachbar, der so¬ 
gleich bereit war, ihm die Saat unterzueggen. Jetzt begab 
er sich auf seinen Akker, um die Saat auszustreuen. Er 
that es unter Thränen; denn wie traurig war noch immer 
Kine Lage. „Was wird aus dir, aus deiner alten Mutter, 
deinen Brüdern und Schwestern werden, dachte er bei sich 
selbst, wenn die Saat nicht gedeihen sollte! Vielleicht 
wäre es besser, du dientest bei guten Leuten, als daß du 
ein Akkergut besitzest, dessen Schuldenlast dich zu Boden 
drückt!" Auf ein Mal wurde er heiter, und fasste Muth; 
denn ihm fiel ein tröstlicher Denkspruch ein, den er in 
den Knabenjahren gelernt hatte. Dieser Spruch hieß: „die 
mit Thränen säen, werden mit Freuden ernd- 
ten," oder mit andern Worten: wer mit Sorge und Kum¬ 
mer eine Unternehmung anfängt, wird Freudenthränen wei¬ 
nen, wenn sie gelingt. Valentin fühlte sich getröstet und ge¬ 
stärkt, indem er dachte: auch meine Kummerthränen können 
ja durch Gottes Güte in Freudenthränen verwandelt werden, 
wenn die Erndte kommt; ich will das Beste hoffen, und red¬ 
lich thun, was ich kann. Täglich dachte er an seinen Trost- 
spruch, und nun wurde er nicht wieder muthlos. Er hatte 
wirklich das Glück, eine sehr reiche Erndte zu machen, rmd 
bald half er sich wieder so weit, daß er ein Pferd anschaffen 
konnte. Damit bearbeitete er den kleinen Akker, welcher noch 
unverschuldet war, und im Winter that er damit Fuhren füt
	        
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