zur Beförderung guter Gesinnungen rc. 65
nun nicht mehr in die Schule kommen würde. Will dich
dein Vater in eine andere Schule bringen? fragte der Leh¬
rer. Nein, antwortete Anton, ich soll nun gar nicht mehr
in die Schule gehen, mein Vater braucht mich zu Hause.
Darr'lber muß ich mich wundern, erwiederte der Lehrer; denn
du gehst ja erst seit vier Jahren in die Schule, und hast
in dieser Zeit wenigstens drei Mal in jeder Woche gefehlt,
bist auch nie recht fleißig gewesen. — Mein Vater sagt,
ich wüßte nun genug, und er wäre auch nur bis zum vier¬
zehnten Jahre in die Schule gegangen; nun müßte er mich »
aufs Handwerk thun, damit ich mir bald selbst mein Brod
erwerben könnte. — Aber meinst du denn, sagte der Leh¬
rer, daß der Meister einen Lehrling annehmen wird, der
weder fertig lesen, noch fertig schreiben und rechnen kann?
Und wie willst du künftig fertig werden, wenn du nun
selbst Meister geworden bist, und eine Rechnung schreiben,
oder Etwas ausrechnen sollst? — Anton wußte hierauf
weiter Nichts zu antworten, als daß sein Vater gesagt
habe, er hätte auch nicht mehr gekonnt, als er aus der
Schule gekommen wäre. DaS war nun freilich wahr, aber
AntonS Vater hatte es auch dafiir nie weit gebracht; er
lebte von seinem Handwerke sehr kümmerlich, und doch
würde es ihn reichlich ernährt haben, wenn er in der Ju¬
gend mehr gelernt hätte. Anton nahm also Abschied von
der Schule, das heißt: er kam nicht wieder, dankte auch
seinem Lehrer nicht fiir den Unterricht und die Mühe, wel¬
che er sich mit ihm gegeben hatte. Gefällt euch dieses Be¬
tragen? Wolltet ihr auch ein Mal so von der Schule Ab¬
schied nehmen, wie dieser Knabe?
36. Falsche Scham.
^§s giebt Menschen, welche sich schämen, wenn sie etwas
Anständiges und Gutes thun sollen, aber sich nicht schä¬
men, etwas Unanständiges oder Unrechtes zu thun, ja wohl
gar sich rühmen, Etwas gethan zu haben, was unerlaubt
und schändlich ist. Solch ein Mensch war Philipp, der
Sohn eines Kaufmannes. Er schämte sich nicht, auf der
Straße ungezogen und wild zu sein, zu toben und zu lär¬
men, und sich mit seinen Gespielen herum zu balgen; er
schämte sich nicht, diejenigen auf eine höchst gemeine Art zu
schimpfen, welche ihm aus irgend, eine Weise zu nahe kamen:
ja er rühmte sich sogar ein Mal, daß er einen seiner Mit-