Full text: Der deutsche Kinderfreund

58 
II. Erzählungen 
Die Verwegenheit brachte ihm endlich den Tod. Höret 
die schreckliche Begebenheit, und nehmt euch vor, daß sie 
euch zur Warnung dienen soll. Eines Tages spielte Chri¬ 
stian mit einigen andern Knaben. Mit der größten 
Wildheit liefen sie die hohe und steile Treppe des Hau¬ 
ses hinauf uud hinunter. Endlich kam Christian auf den 
unglücklichen Einfall, heute wieder etwas zu versuchen, 
was er schon einige Mal versucht hatte, nämlich sich mit 
dem halben Leibe über das Geländer der Treppe zu hän¬ 
gen, und so von oben hinab zu rutschen. O hätte er 
doch in diesem Augenblicke an die Warnungen seiner 
Pflegeältcrn gedacht, welche ihm dies Wagestück so oft 
untersagt hatten! Aber in seiner Wildheit dachte er nicht 
daran, hängte sich über das Geländer, bekam das Ucber- 
gewicht, stürzte hinab, und war auf der Stelle todt. 
11. Der ehrliche Knabe. 
Alaus spielte vor der Thür, als ein Nachbar ihn her, 
beirief, und ihn freundlich bat, daß er ihm den Gefal¬ 
len thun, und vor dem Thore die Post erwarten möchte, 
um ihm sogleich Nachricht geben zu können, wenn er sie 
in der Ferne kommen sähe, Klaus war sehr bereitwillig, 
diesen Auftrag zu vollführen, denn er war ein dienstfer¬ 
tiger Knabe. Eilig lief er vor das Thor, und stellte sich 
auf eine Anhöhe, wo er die Landstraße auf eine weile 
Strecke übersehen konnte. Er hatte schon eine gute hal¬ 
be Stunde gewartet, als Heinrich vorbeikam. Da er 
Klausen ansichtig wurde, rief er ihm zu: komm mir mir, 
drüben auf der Wiese sind alle unsere Schulkameraden, 
wir wollen zusammen Ballspielen! Klaus versicherte ihm, 
daß er jetzt nicht mitkommen könne, so gern er auch mit¬ 
spielen möchte; denn er habe seinem Nachbar versprochen, 
hier auf die Post zu warten, und cs ihm zu sagen, so 
bald er sie kommen sähe. Aber wie lange willst du denn 
hier in der Sonne stehen? erwiederte Heinrich; das hast 
du ja gar nicht nöthig, und du hast nun schon lange 
genug gewartet; ich dächte, du kämest immer mit. Doch 
Klaus war nicht zum Weggehen zubewegen, so sehr auch 
der leichtsinnige Heinrich über seine Einfalt spottete; denn 
er hatte oft von seinem Vater gehört: ein ehrlicher Mann 
hält sein Wort. Zwar.mußte er noch eine volle halbe 
l
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.