' Etwas üb. die äußert. Wohlanständigkett. 295 
und Sckrauben, so sei man höchst vorsichtig; es entstehen da¬ 
raus oft die traurigsten Folgen. Man lerne erst einen Men¬ 
schen und seine Empfindlichkeit kennen; scherze nicht über Et¬ 
was, was ihn mit Recht beleidigen kann, also z. B. nicht 
über seine körperlichen Gebrechen, nicht über seine Vergehen, 
wofür er vielleicht schon gebüßet. hat, nicht über sein Unglück. 
Man lerne Scherz verstehen, beherrsche seine Empfindlichkeit, 
und leite lieber die llnterhaliüng auf einen andern Gegenstand, 
wenn man Erbiiterung zu befürchten hat. 
Kommt es gar zum Zanke, so weiche man den Erhitzten 
aus. oder man suche ruhig zu bleiben. Mißverständnisse auf¬ 
zuklären, Beleidigungen in einem mildern Lichte darzustellen, 
und erbittere nicht etwa den Zornigen noch mehr. Es ist 
höchst unanständig, wenn man sich in Zanken und Schmähen 
einläßt, einander alle Fehler und Gebrechen vorwirft, und sich 
in Grobheiten und Schimpfnamen gleichsam zu überbieten 
strebt. Man leidet dabei am Körper und an der Seele, wird 
oft von Andern ausgelacht, und bereut gewöhnlich seine 
Hitze zu spät. 
Eben so untersagt der Anstand den Gebrauch gemeiner 
ekelhafter und schmutziger Benennungen, wenn man von sol¬ 
chen Theilen und Verrichtungen des Körpers zu sprechen ge¬ 
nöthigt ist, welche die veredelte Natur und die Schamhaf¬ 
tigkeit zu verbergen gebietet. Es ist höchst pöbelhaft, wenn 
-man leichtfertig darüber scherzt, die niedrigsten Ausdrücke da¬ 
bei anwendet, wol gar Schimpfreden davon hernimmt; es ist 
höchst pöbelhaft, wenn Kinder und Erwachsene ohne Scheu 
und Scham gewisse natürliche Bedürfnisse öffentlich befriedi¬ 
gen, und Straßen, Fußwege und öffentliche Plätze verunrei¬ 
nigen. Das gewöhnliche: Salva venia, mit Respect zu sagen rc., 
macht unschickliche Worte und Handlungen nicht schicklich. 
Sehr leicht versinkt der Mensch in kiese Rohheit und Ver- 
wildertlng durch die Gesellschaft von Menschen, die von an¬ 
ständigen Sitten nicht viel halten, mit gesitteten Menschen 
nicht gern umgehen, sondern in plumpem Scherz, in Grobheit 
und Unverschämtheit einander zu übertreffen suchen. Böse 
Gesellschaft verderbt gute Sitten. Befleißigt Euch der Ehr¬ 
barkeit gegen Jedermann; ein guter Mensch bringt nur gutes 
aus dem Schatze seines Herzens hervor.
	        
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