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Dritte Abtheilung. 
zu einem Bäcker. Dieser verlangte, daß er im Winter um fünf 
Uhr und im Sommer noch früher aufstünde; auch Abends gab 
es oft bis in die späte Nacht zu arbeiten. O wie schwer wurde 
dieß dem verschlafenen Heinrich! Er schliefzuweilen stehend, oder 
siel auf einen Mehlsack. Weckte man ihn, so wußte er nicht, wo 
er war oder was er that. Bald goß er Wasser in die Oellampen, 
bald Oel in das Mehl, und endlich schickte der Meister den trä¬ 
gen, schläfrigen Menschen fort. Er verrichtete nun ländliche Ar¬ 
beiten, und nach vieler Mühe wurde endlich seine Schlafsucht et¬ 
was vermindert. 
§. 12. Das aufrichtige Kind. 
44 August hieß in seinem Hause der aufrichtige August, denn 
er sagte seinen Eltern und Lehrern nie eine Unwahrheit, und 
auch außerdem konnte kein Mensch ihm nackreden: „August hat 
mich belogen;" wie er sprach, so dachte er auch. Darum glaubte 
ihm auch Jedermann. Wenn er unschuldig angeklagt war, so 
trat er mit seinem freimüthigen Blick hin und sagte: Ich bin 
unschuldig, und Niemand zweifelte daran. Hatte er einen Fehler 
begangen, so*gestand er ihn offenherzig, oder kam auch zuvor, 
erzählte ihn, und bat um Verzeihung. Die Strafe wurde alle¬ 
mal gelinder, als wenn er bei feinem Versehen noch geläugnet 
hätte. 
Als August größer wurde, so liebte er eben so die Wahrheit 
und Aufrichtigkeit. Deßwegen galt aber auch sein Wort in seinem 
Wohnort und vor der Obrigkeit immer als ein Wort, worauf 
man sich verlassen könne. Er schmeichelte keinem Menschen, er 
klagte Niemanden fälschlich an, aber er nannte auch das Unrecht 
nie Reckt, und wenn es sein bester Freund begangen hätte. 
§. 13. Das geschwätzige Kind. 
45 Die kleine Sabine wollte unaufhörlich sprechen, auch wenn 
ste von einer Sache nichts verstand und nicht darum gefragt 
wurde; sie wollte in Alles reden. Ihre Eltern, sehr wohlhabende 
Leute, liebten dies einzige Töehterchen so sehr, daß ste sogar diesen 
Fehlerder Geschwätzigkeitübersahen. Esgefiel ihnen, wenn Sabine 
recht viel vorplauderte, aber sie lehrten sie nicht, daß man zuwei¬ 
len auch schweigen und in seinen Reden vorsichtig sein müßte. 
Von ihr konnte jeder Mensch erfahren, was ihre Eltern gegessen, 
getrunken, gesprochen, wo sie ihr Gelv, ihre Kleider und Wäsche 
aufgehoben hätten, und dergleichen Dinge,^wonach fremde Men¬ 
schen gewöhnlich aus Neugierde oder bösen Absichten fragen.
	        
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