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für Verstand und Herz.
lief) so einfältig und abergläubig, daß sie den Reden der
listigen Frau zuhörten. Diese sagte nun einem Jeden
der Umstehenden Etwas, das er gern hören mochte; dem
Einen weissagte sie eine reiche Erbschaft, dem Andern
eine glückliche Heirath, u. s. w. Dafür wurde sie dann
reichlich beschenkt.
Unterdessen hatten die Gerichte von dieser Landstrei-
cherinn gehört; und weil solche Betrügereien verboten
waren, so wurde sie unvermurhet aufgehoben und nach
der Stadt in Verwahrung gebracht. Hätte sie nun
wirklich wahrsagen, das heißt, das Künftige vorher¬
wissen können, so würde sie auch ihre eigene Gefangen-
nehmung gewußt haben, und derselben durch ihre Flucht
entgangen sein.
Dennoch aber glaubten die Meisten das, was die
Zigeunerinn ihnen gesagt hatte, darum, weil sie es
wünschten, daß es wahr sein möchte; und so wurden
sie zum Theil unglücklich. Denn z. B. der, welchem
eine reiche Erbschaft geweissagt war, vernachlässigte
seine Wirthschaft, in der Hoffnung, bald ohne Mühe
reich zu werden. Lange blieben die schädlichen Wirkun¬
gen dieser Betrügerinn in dem Dorfe noch sichtbar. —
3 Mos. 19, 31. Sir. 34, 9—11.
43. Verträglichkeit.
Christian war überall wohl gelitten, und alle Kin¬
der hatten ihn gern als Gespielen bei sich; denn er ver¬
anlaßte nicht nur selbst keine Zänkereien, sondern suchte
auch die etwa entstandenen Streitigkeiten durch Zure¬
den beizulegen.
Wenn ihn ein muthwilliger Knabe mit Spottreden
oder auf andere Weise neckte, so that er, als merkte
er's nicht, und antwortete nicht darauf; ward es ja so
arg, daß er's nicht mehr aushalten konnte, so ging er
lieber weg, als daß er sich zankte. Es geschah aber auch
sehr selten, daß ihn Jemand beleidigte; denn Alle lieb¬
ten ihn wegen seiner Verträglichkeit. — Spr. Sal. 17,
14. Pred. Sal. 10, 4. 1 Mos. 33,3 — 9. 1 Mos. 13,
Lu.9. Ephes. 4,2. 2 Cor. 11,19.