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Durch die Berufsarten und Geschäfte, welche mehrere Mit¬
glieder der menschlichen Gesellschaft mit einander gemein haben,
entstehen verschiedene Abtheilungen in derselben, welche man Klas¬
sen oder Stände nennt. In jeder bürgerlichen Gesellschaft
giebt es Leute, welche sich mit Gewinnung, Einsammlung, Ver¬
arbeitung und mit dem Verkaufe der Landesprodukte beschäftigen;
diese bilden den Nähr- oder Hausstand. Zu diesem gehören die
Ackersleute oder Bauern, die Kolonisten und Holländer in den
Brüchen, die Hauländer in den ausgerodeten Waldungen, die
Handwerker und Kaufleute. — Alle diejenigen, welche mit zur
Landesobrigkeit gehören und mit der Verwaltung des gemeinen
Wesens zu thun haben, bilden den obrigkeitlichen Stand
(Beamtenstand). — Alle, welche mit der Unterweisung des Volkes
beauftragt sind, machen den Lehrstand aus, zu welchem auch
die Geistlichen und die Gelehrten gehören. Gewöhnlich setzt man
dem geistlichen Stande den sogenannten weltlichen entge¬
gen. — Alle diejenigen, welche- die Pflicht haben, den feindlichen
Angriffen auf die bürgerliche Gesellschaft von außen und innen
Widerstand zu leisten uud sie zurückzutreiben, bilden den Krie¬
gerstand oder Wehrstand (Soldatenstand, Militair). — In
großen bürgerlichen Gesellschaften giebt es vier Hauptklassen, in
welche eine Nation sich theilt; diese sind: 1. der Adel, der aus
den ältesten, vornehmsten Familien besteht, deren Stifter oder
Väter sich Verdienste um das gemeine Wohl erworben haben.
2. die Geistlichkeit; 3. die Bürger (ansässige Einwohner (in
den Städten); 4. die Bauern. Man unterscheidet auch höhere
und niedere Stände. Zu jenen rechnet man den Adel und die
Geistlichkeit, zu diesen die Bürger und Bauern.
Einzelne Stände und Städte haben zuweilen besondere Vor*
rechte, Gerechtsame, Freiheiten (Privilegien). So hat der
Adelstand gewöhnlich viele Vorrechte vor allen andern Ständen
der bürgerlichen Gesellschaft voraus, und an einigen Orten hat
der Bürgerstand wieder besondere Rechte vor dem Bauernstande;
auch der geistliche Stand hat besondere Gerechtsame. Die Städte
und Marktflecken haben das Recht, Jahrmärkte, die meisten
Städte auch Wochenmärkte zu halten, d. h. öffentliche Zusam¬
menkünfte von Käufern und Verkäufern des Handels wegen.
Es giebt Städte, welche das Recht haben, daß alle Waaren, die
bei ihnen vorbei oder durchgehen, daselbst ausgeladen und den
Einwohnern zum Kauf angeboten werden müssen und nur von
Fuhrleuten und Schiffern, die( in ihnen einheimisch sind, weiter
verführt werden können. Solche Städte heißen Stapelplätze.
In der neuern Zeit sucht man dergleichen Beschränkungen des
Handels möglichst zu beseitigen.
In jeder bürgerlichen Gesellschaft giebt es mancherlei Ein¬
richtungen und öffentliche Anstalten. Dahin gehören die
Anstalten für den öffentlichen Gottesdienst, z. B. Kirchen