189
IV. Regierungsbezirk Marienwerder. 13 Kreise.
1) Marienwerder an der Liebe, 6900 E, Sitz der Reg. unfr
des Oberlandesger. 2) Gra udenz a. d. Weichsel, UOoü E., Fest.,
1807 hcldenmüthig vertheidigt von Courbiöre. 3) C ulm a. d. Weich¬
sel, 6000 E., sehr alte Stadt, Cadettenhaus. 4) Thorn a. d. W.,
8000 E., starke Fest. — Pfefferkuchen.
§. 32.
Die Provinz Posen.
(Kdrsr. I. Anh. V 16.)
Das Großherzogthum Posen gehörte in frühester Zeit
zu dem Sarmatenlande der Römer, das an und östlich der
Weichsel lag. Die Sarmaten wurden bei der großen Völker¬
wanderung im 4ten und zu Anfange des 5ten Jahrh, von den
Slaven verdrängt, die in kleine, unabhängige Staaten ge¬
theilt waren. Der ganze Landstrich ward in der Folge Polen ge¬
nannt, wahrscheinlich von dem polnischen Worte pole d. h. Fläche
oder Ebene, was sich vorzüglich auf die Provinz Posen be¬
zieht, die eine völlig ebene Fläche bildet. Viele vergebliche Ver¬
suche wurden von den Päpsten gemacht, dieses Volk zur Annahme
des Christenthums zu bewegen. Nur hier und da gelang es ein¬
zelnen Glaubenshelden, im Geheimen Einzelne zu bekehren, die
aber, wenn sie entdeckt wurden, oft mit dem Leben dafür büßen
mußten. Erst Kaiser Karl dem Großen gelang es zum Theil,
sie mit ihrer Unterjochung nach und nach zur Annahme des
Christenthums zu bewegen, das sehr bald auch hier sein wohl¬
thätiges Licht verbreitete und besonders zur Milderung ihres ro¬
hen Sinnes und ihrer heidnischen Volkssitten sehr viel beitrug.
Die Polen wählten sich von der früheston Zeit an ihre Fürsten
selbst. Der erste dieser Wahlfürsten, Lech genannt, soll in der
letzten Hälfte des 6ten Jahrh, zu Gnesen residirt haben. Im
Oten Jahrh, siel die Wahl auf einen sehr einfachen, aber auch
sehr redlichen Mann, den Bauer Pi äst aus Kr u schwitz, einem
Orte der gegenwärtig die kleinste Stadt der preußischen Monar¬
chie bildet. Sein männlicher Stamm regierte in Polen bis 1370;
die weibliche Linie in Schlesien erlosch 176!. Als Theil des Kö¬
nigreichs Polen ist der Urbestandtheil dieser Provinz unter dem
Namen Wojewodschaft Posen/ wie das ganze Reich selbst,
vielfach durch die Stürme erschüttert worden, welche in verschie¬
denen Zeiten über das Land hereinbrachen, herbeigeführt sowohl
durch innere Zwietracht, als auch nicht weniger durch Käm¬
pfe mit den Nachbaren. Schon bei der ersten Theilung Polens
1772 siel ein Theil der Wojewodschaft unter den Namen Netz-
distrikt an Preußen. Bei der zweiten Theilung 1793 folgte auch
der zweite Theil unter dem Namen Südpreußen an Preußen,