Full text: Lesebuch für Volksschulen

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wegen da; denn in manchen Jahren finden sie sich so 
häufig auf ihnen ein, daß die Zweige sich von der Last 
beugen. Dann geht es den Bäumen schlecht; was an 
weichem Laube sich vorfindet, wird unbarmherzig abge¬ 
fressen. Noch ehe 8 Tage vergangen sind, stehen äusge- 5. 
dehnte Obstanlagen entlaubt da und haben ein winter¬ 
liches Ansehen. An eine Obsternte ist dann natürlich 
nicht zu denken; denn die Bäume müssen ja alle die 
Säfte, durch welche sie Blüthen hätten erzeugen können, 
auf das Hervorbringen neuer Blätter verwenden, ohne 10. 
die ein Baum im Sommer nicht bestehen kann. 
Haben sich die Maikäfer 8—14 Tage dem Ver¬ 
gnügen, umherzuschwirren und Laub zu fressen, hingege¬ 
ben, so graben sich die Weibchen, die man leicht an den 
kleinern Fühlhörnern erkennt, einige Zoll tief in die Erde 15. 
und legen dort an zwei bis drei verschiedenen Orten 12 
bis 30 Eier. Bald darauf sterben sie. Nach 4 bis 6 
Wochen entstehen aus den Eiern kleine wurmartige Thier- 
chen, Larven oder Engerlinge genannt, die 6 Beine und 
kräftige Kinnladen haben. Ihre Nahrung besteht meistens 20. 
in zarten Wurzeln. Wie die Alten, so sind auch sie äu¬ 
ßerst gefräßig; und um sich's bei ihren Mahlzeiten recht 
bequem zu machen, legen sie sich auf den Rücken, fangen 
am Wurzelspitzchen an zu fressen und fahren damit so 
weit fort, als es ihnen schmeckt und sie ohne große Un- 25. 
bequemlichkeit mit dem Kopfe hinaufreichen können. Im 
Herbst gehen sie tiefer in die Erde, machen sich eine recht 
glatte Höhle und schlummern darin, bis die Frühlings¬ 
sonne den Boden wieder erwärmt und die Pflanzen zum 
neuen Wachsthum antreibt. Mittlerweile ist ihnen nun 30. 
ihr Röcklein ein wenig schmutzig und auch zu enge ge¬ 
worden. Da es unter ihnen keine Schneider giebt, die 
für Andere arbeiten, so muß Jeder selbst Hand anlegen, 
um zu einem neuen Rocke zu gelangen. Damit sie das 
wichtige Werk in aller Ruhe und Bequemlichkeit aussüh- 35. 
ren können, gehen sie etwas tiefer in die Erde und ma¬ 
chen sich dort eine runde, innen schön geglättete Höhle 
und warten, bis das Wamms von selber platzt. Ge¬ 
schieht dies, so benutzt der Engerling den günstigen Au¬ 
genblick und schlüpft hinaus und hat damit zugleich sein 40. 
schweres Geschäft vollendet. Ohne sein Zuthun ist ihm 
nämlich schon vorher unter dem alten Kleide ein neues
	        
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