Auch die Stimme drent manchen Saugenthieren, um sich War-
nnngSzeichen zu geben. Die Gemsen stellen ordentliche Wacken aus,
und sobald diese Sckildwacke eine Gefahr merkt, thut fie einen psei-
senden Sckrei, worauf fich die ganze Heerde stücktet. Das Brüllen
5. des Löwen und des Tigers mahnt die schwächeren Thiere zur eiligen
Flucht, das Bellen der Hunde weckt die schlafenden Menschen vor
Gefahr. Sonst kann man nickt sagen, daß die Stimme der Säuge-
thiere sehr ausgebildet wäre. Selbst wenn fie ihre Freude zu erken¬
nen geben wollen, bleibt es ein Blöcken, Wiehern oder Belfern ohne
JO, Annehmlichkeit. Sie können fich in diesem Punkte durchaus nickt
mit den Vögeln vergleichen, auch lernt kein einziges von ihnen Wör¬
ter nachsprechen. Manche lassen fast nie, nur etwa in der Todesangst,
einen Laut hören, wie z. B. der Hase.
Von dem Nutzen der Säugethiere, den sie den Menschen gewäh¬
lt. ren, ließe fick ei» ganzes Buck schreiben. Ohne Rindvieh und Sckafe
wäre gar kein dichtes Beisammenleben der Menschen möglich. Sie
würden weder Nahrung, noch Kleidung genug finden. -Ohne den
Dienst der Pferde würde der Ackerbau höchst mühsam, aber der Ver¬
kehr der Menscken durch Reisen und Handel fast gar nickt ausführbar
20 sein. Und was uns das Pferd, das ist den Bewohnern der Wüsten
das ausdauernde Kameel, den Bewohnern Südamerikas das Lama,
den Lappländern das Nennthier. Oder vielmehr tas Rennthier macht
diese öden, schneeigen Gegenden allein bewohnbar. Es gibt seinem
Herrn Alles, was er brauckt: Nahrung, Kleidung, Wohnung. Der
25. Hund ist der treue Begleiter des Menschen aus allen seinen Wegen,
sein Mitkämpfer gegen wilde Thiere und feindliche Menschen. Doch
je höher die Eultur steigt, desto entbehrlicher wird der Hund, weil
die Jagd abnimmt, die Viehzucht mehr in Ställen betrieben wird.
Deßhalb mehrt fick die Zahl der Hunde in Europa nickt in dem
30. Grade, wie die der eßbaren, milchgebenden, lasttragenden und
wolleliefernden Thiere. Die Gefahr der Tollheit empfiehlt sogar
die Verminderung des treusten aller Thiere.
Ueberhaupt wird durch die steigende Bevölkerung die Zahl der
schädlichen oder minder nützlichen Thiere immer mehr beschränkt. In
35. manchen Ländern sind die swäolichsten Naubthiere bereits ausgerottet,
in anderen auf die Gebirge und Waldbeziike eingeschränkt. Bald
werden manche Gattungen ganz ausgerottet sein. Schon lange gibt
es z. B. keine Wölfe mehr in England, und in Deutickland find sie
große Seltenheiten geworden. Aehnlich geht es mit den Bären und
40. Lucksen. Löwen und Tiger haben sich säst aus allen Gegenden, wo
fich Europäer niedergelassen haben, zurückgezogen, und die Zeit wird
kommen, wo man solche Thiere als Seltenheiten hegen muß. So
ist es bereits mit manchen eben nicht schädlichen, aber die Jagd¬
lust reizenden Thieren gegangen z. B. mit dem Steinbock, der
45. Gemse, dem Auerochsen. Hoffentlich wird indessen die Erkenntniß im-
mcr mehr um sich greifen, daß man Thiere überhaupt nickt quälen
oder ohne Noth tödten dürfe, und dies wird wenigstens die unschäd¬
lichen vom gänzlichen Untergange retten. Denn warum sollte man
Gottes Welt arm an Geschöpfen machen? warum zerstöre», was
50. wir nicht wieder schaffen können? . Eurtmann.