Full text: Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen

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Hand oder von Abend gegen Morgen; euch aber kommt es vor, als 
stehe die Erde unbeweglich, und es drehe sich die Sonne von der Lin¬ 
ken zur Rechten. Denn kommt sie nicht früh am Morgenhimmel zum 
Vorschein, geht sie nicht in einem Bogen über den südlichen Himmel 
an euch vorüber, und verschwindet sie nicht am Abend hinter den Ber¬ 
gen, die euren Abendhimmel begränzen? 
Es wird euch schwer werden, an die Umdrehung der Erde zu glau¬ 
ben, weil ihr von dieser Bewegung doch gar nichts merkt, und weil 
ihr doch deutlich zu sehen glaubt, wie Sonne, Mond und Sterne sich 
von Morgen gegen Abend um die Erde drehen. Aber in solchen 
Dingen kann der Schein leicht trügen; auch davon habt ihr ja sonst 
im Leben mancherlei Beispiele. Z. B. ihr fitzet in einem Kahne, der 
leicht und leise auf den Wellen dahinfährt. Wenn ihr nun nicht auf 
den Kahn, noch aus das Wasser, sondern bloß auf die Bäume und 
Häuser am Ufer eure Blicke richtet, so kommt es euch vor, als säßet 
ihr ganz still in eurem Kahne, und es kämen euch die Häuser und die 
Bäume wie von selbst entgegen. Gerade so ist es auch mit der Um¬ 
drehung der Erde. Ihr merket sie nickt, weil sie vollkommen gleich¬ 
förmig und ohne Anstoß geschieht, und deßhalb glaubt ihr, es drehe 
sich der ganze Himmel mit Sonne, Mond und allen Sternen in 24 
Stunden um unsere kleine Erde herum. 
Wenn eine Kugel sich in immer gleicher Richtung unvreht, so 
bleiben zwei Punkte auf ihrer Oberfläche in Ruhe; diese Punkte aber 
pennt man die Pole; und die gerade Linie, die man sich zwischen 
diesen beiden Punkten denken kann, heißt ihre Achse. Denjenigen End¬ 
punkt der Erdachse, der uns am nächsten liegt, und der ziemlich genau 
gegen den Polarstern gerichtet ist, nennen wir den Nordpol der Erde, 
den entgegengesetzten nennen wir den Südpol. 
Nun denkt man sich auf der Erde noch mancherlei kleinere und 
größere Kreise; von diesen aber möget ihr zuerst den Aequator, 
bie beiden Wendekreise und die beiden Polarkreise merken. 
Ich will ?uch sagen, welche Bewandtniß es mit diesen Kreisen hat. 
Wenn ihr euch genau in der Mitte zwischen den beiden Polen einen 
Kreis rund um die Erde denkt, so habt ihr den Aequator, den die 
Schiffer auch schlechthin die Linie nennen. Sie theilt die ganze Erde 
M zwei gleiche Halbkugeln, die nördliche, auf welcher wir wohnen, 
und die überhaupt das meiste feste Land enthält, und die südliche, auf 
welcher nur der kleinere Theil des festen Landes und einige größere 
Inseln liegen. Nun werdet ihr aber doch nicht glauben, der Aequator 
sei eine wirkliche Linie, so etwa ein Reifen oder ein dicker Strich 
rund um die Erde. Es ist euch ja gesagt worden, daß ihr euch eine 
solche Linie nur denken sollt. 
Wie kann man denn aber wissen, daß man sich unter der Linie be¬ 
findet? Recht gut kann man das wissen,; denn man kann es an der 
Sonne bemerken. Zu der Zeit nämlich, wo bei uns auf der ganzen
	        
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