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fons, ut campus, ut nemus placuit,*) Dem Römer, dem der alte 
Kunstfleiß der Griechen, der gartenmäßige Landbau des Jtalikers bekannt 
waren, mußte es auffallen, wie wenig Sorgfalt und Nachdruck der Ger¬ 
mane auf die Bearbeitung der besseren Bodentheile, die gegen die undurch¬ 
dringlichen Wälder und Sümpfe Germaniens gewaltig abstachen, verwen¬ 
dete. Gleichwohl waren es germanische Colonisten, welche in dem sinken¬ 
den römischen Reich beides, seine verödeten Fluren anbauen und die Reihen 
seiner Heere ergänzen sollten. Ackerbau und Viehzucht waren von Hause 
aus das eigentliche Gewerbe der Germanen. Der germanische Staat 
ist aus den Agrarverhältnissen aufgebaut; die geordnete Benutzung der 
Mark, sowohl der wechselnden in Höfe gecheckten Ackerflur, als der unter¬ 
schiedslosen Nutzung der Almande, war die Hauptsache. 
Die außerordentliche Fruchtbarkeit des bei weitem größten Theiles 
der großbritannischen Insel, ihr mildes Klima, die alle Arten der Vege¬ 
tation fördernde Feuchtigkeit der Luft, machten ihre Bewohner von den 
ältesten Zeilen an zu einem ackerbautreibenden Volk, dessen Zahl vom 
Mittelalter bis in die neueren Zeiten nur sehr allmälig wuchs. Bis über 
die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus war die Volkszahl nicht viel 
höher als aus sieben Millionen gestiegen. Unter Heinrich VII. und VIII. 
nahm England so gut als gar keinen Theil an den amerikanischen Ent- 
deckungs- und Eroberungsreisen; Heinrich YIJ1. bediente sich zu Seefahr¬ 
ten gemietheter Schiffe. Obwohl unter Cromwell, durch die Eroberung 
Jamaica's, der englische Handel sich erweiterte, blieb doch der größte Theil 
des Weltverkehrs bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in den Hän¬ 
den der Holländer. Der Engländer blieb bis dahin der altsächsischen Sitte 
des Ackerbaues getreu. 
Wir haben etwas weit ausgeholt, um den Engländer in seinem 
Hauswesen kennen zu lernen; gewiß nicht mit Unrecht: sein Haus 
als Inbegriff der Familie ist für ihn das Wichtigste, so zu sagen die 
Summe seines geselligen Daseins, und insofern steht er seinem germani- 
schen Ursprung vielleicht noch näher als der eigentliche Deutsche. Der 
Brite legt einen ungemeinen, uns Anderen fast lächerlich vorkommenden 
Werth darauf, ein eigenes Haus zu haben und allein zu bewohnen. Da¬ 
her in London die zahllose Menge von schmalen Häusern, hervorgegangen 
aus dem Streben nach Jsolirung. (Vgl. oben „die Wohnungen in Lon¬ 
don".) Aeußerlich gleichen sich diese Wohnungen wie ein Ei dem andern^ 
der Backsteinbau, die Stacketeinsassung, die unterirdische Küche, die Thür 2c., 
Alles ist nach ein und demselben Muster geformt. Nichts langweiliger,, 
unerquicklicher für das Auge, als diese Monotonie: allein daran stößt der 
Engländer sich wenig, wenn er nur Herr, unbeschränkter, durch Niemand 
behelligter Herr in seinem Hause ist. 
*) Bon den germanischen Völkerschaften ist es hinlänglich bekannt, daß sie keine Städte 
bewohnen, ja nicht einmal zusammenhängende Wohnsitze unter sich dulden: sie bauten sich 
abgesondert und zerstreut an, wie ihnen eben der Suell, die Flur, der Hain zusagte.
	        
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