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König aller Sudeten-Höhen, die Riesen- oder Schneekuppe, wenn, was
gar häufig zutrifft, der Gipfel nicht mit Nebel und Wolken umhüllt ist.
Wie die Gpfel des Brockens, so erscheint auch die Schneekuppe leb¬
los, rauh und öde, die Natur ist erstarrt und die Pflanzenwelt reicht
kaum in verkrüppeltem Kieferngesträuche bis in die nächste Region.
Nur in ihren niederen Gattungen, den Flechten und Moosen, vermag
fie bis zu den obersten Höhen zu dringen, von denen einiges wohl¬
riechende Veilchenmoos von den Reisenden gewöhnlich als Erinnerungs¬
zeichen mitgebracht wird. Die eigentliche Riesenkuppe, an deren einer
Seite der schauerliche Riesen- oder Teufelsgrund (Rübezahls-Garten)
stößt, erhebt sich, aus Granitfelsen gebildet, als eine steile kegelför¬
mig aufsteigende Anhöhe, gegen 5000 Fuß über die Meeresfläche. Auf
dem oberen abgestumpften Gipfel, über welchen die Gränze Böhmens
und Schlesiens hinläuft, befindet sich eine im Jahre 1668 erbaute
runde und gewölbte Capelle, mit 472 Fuß dicken Mauern versehen,
um den Stürmen in dieser Schnee- und Eisregion kräftig widerstehen
zu können. Sie ist dem heiligen Laurentius gewidmet und dient zum
Gottesdienste bei den Wallfahrten zahlreicher Scharen aus beiden an-
gränzenden Ländern. Betrachten wir nun die Flüsse, die auf dem
Riesengebirge entspringen, so finden wir, daß von hier, wie vom
Fichtelgebirge, Flüsse nach allen vier Weltgegenden ausströmen. Gegen
Süden fließt die March, die alle vom mährischen Gebirge kommenden
Flüsse aufnimmt. Gegen Südwesten fließen die Isar und die Elbe;
letztere wendet sich nach Nordwesten und nimmt die ganze Wassermaffe
der böhmischen Flüsse auf; gegen Norden und Osten fließen die Neben¬
flüsse der Oder: die Oppa, die wüthende Neiße, die Weistritz, die
Katzbach, die Queis, der Bober und die laufitzer Neiße.
Zuletzt gedenken wir noch einer der freundlichsten Partieen des
Riesengebirges, des Hirschberger-Thales, das vom Bober durchströmt
wird. Hier ist das weltberühmte Bad Warmbrunn, dem so man¬
cher Gichtkranke seine Heilung verdankt. Hier siehst du F i sch b a ch,
den lieblichen Sommeraufenthalt des verstorbenen Prinzen Wilhelm
von Preußen; hier kommst du auch zu Erdmannsdors, das Fried¬
rich Wilhelm III. zu einem Lustorte umgeschaffen und der Fürstin von
Liegnitz als Witwenfitz verliehen hat.
* 16. Die rheinischen Gebirge.
Das Gebiet des deutschen Landes ist im Süden großartiges Alpen¬
land, in der Mitte mannigfach gestaltetes Bergland, im Norden tief
liegendes Flachland. Wir betrachten hier zunächst diejenigen Gebirge,
die das weite Thal des Oberrheines einschließen.
Im Südwesten von Deutschland, da, wo der Rhein seine westliche
Richtung verläßt und sich plötzlich gegen Norden wendet, beginnt der
finstere Schwarzwald, der von den dichten schwarzgrünen Tannen¬
wäldern auf seinen Höhen diesen Namen erhalten hat. Er zieht sich