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lag, ein kleines Kind im Arme. „Das ist ja entsetzlich!“ flüsterte der 
Prinz leise. 
„Herr Doktor“, sagte die Frau, „es ist unrecht, daß mein Mädchen 
Sie heimlich gerufen hat, ich habe keinen Heller und kann nichts bezahlen.“ 
„Ich bin kein Doktor“, sagte der fremde Herr, „haben Sie denn 
niemand, der für Sie sorgt?“ 
„Ich habe keinen Verwandten, der für mich sorgen könnte. So lange 
mein Maim lebte, ging es uns gut. Seit er tot ist, habe ich Tag und 
Nacht gearbeitet, um uns zu ernähren. Jetzt bin ich selbst krank geworden, 
und nun gehen wir alle drei zu Grunde. Meine Kinder, meine armen Kinder!“ 
Dem kleinen Mädchen hatte der Kronprinz ein Goldstück gegeben 
und ihm leise gesagt, sie solle Brot und Wein holen. Jetzt kam die Kleine 
zurück, ein Brot unter dem Arme und eine Flasche Wein in der Hand. 
Der Kronprinz öffnete die Flasche und schenkte der Kranken ein Glas ein 
dann schnitt er jedem ein Stück Brot ab und gab es ihnen zu essen. 
Darauf kam ein Arzt, welchen ein Diener des Kronprinzen heimlich ge— 
rufen hatte. Der Kronprinz legte unbemerkt eine große Kassenanweisung 
auf den Tisch und entfernte sich. Als der Arzt fertig war, sagte er der 
Kranken, daß er nun alle Tage kommen werde, und daß er auch den Auf⸗ 
trag habe, den Apotheker zu bezahlen. 
„Wer war der Fremde?“ fragte jetzt die kranke Frau. „Das war 
der Kronprinz von Preußen!“ antwortete der Arzt. Da faltete die Kranke 
die Hände zum Dankgebet. Was sie dem lieben Gott ans Herz gelegt 
haben mag, wissen wir nicht, doch ahnen wir es wohl. 
Trog, Festgabe zur silb. Hochz. d. Kronpr. Paares. 
c) Wie der Kronprinz einmal Sehule hielt. 
Gern besuchte der Kronprinz die Schule zu Bornstedt, venn er 
daselbst im Sommer weilte. Im Jahre 1882 war er gerade in die 
Rasse getreten, als der Brieftrãger dem Lehrer einen Lilbrief brachte. 
Die hochbetagte Mutter des Lehrers war schwer erkrankt und 
winschte, lhren Sohn vor dem Tode noch einmal zu sehen. Als der 
Kronprinz dies hörte, drang er in den Lehrer, sofort abzureisen. Er 
sprach: „“Haben Sie keine Sorge wegen Ihrer Rlasse, ieh werde 
den Unterricht übernehmen. RVilen Sie nur, damit Sie Ihre gute 
Mutter noch lebend antreffen.“ Und nun verweilte der Kronprinz in 
der Schule und prüfte die Kinder in der Geschichte. Ehe er sie ent- 
liess, rief er den Jungen zu: „Dass ihr eueh ruhig verhaltet auf dem 
Nachhausewege!“ 
Aubner, Hillfsbuch f. d. ersten Unterr. i. d. vaterl. Geschiehto.
	        
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