Object: Lehr- und Lesebuch der Geschichte von der Gegenwart bis auf Kaiser Karl den Großen

Friedrich Wilhelm III. 
25 
dessen legte Franz II. in Wien seine deutsche Kaiserkrone im Jahre 1806 
nieder und nannte sich Franz I., Kaiser von Österreich. Das war nach 
einem fast tausendjährigen Bestehen das traurige Ende des heiligen 
römischen Reiches deutscher Nation. 
Auch Friedrich Wilhelm III. war inzwischen von Napoleon 
mehrfach gröblich verletzt worden. Daher erklärte er, gestützt auf ein 
Bündnis mit Kaiser Alexander von Rußlands am 8. Oktober 1806 an 
Frankreich den Krieg. 
Ein furchtbares Schicksal brach jetzt über Preußen herein. Ehe 
noch die russischen Truppen herankommen konnten, wurde die ruhmreiche, 
so selten überwundene Heeresmacht der Hohenzollern in der Doppelschlacht 
bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober von Napoleon zertrümmert, 
nachdem vier Tage zuvor der preußische Prinz Louis Ferdinand bei 
Saalfeld gefallen war. Das Ereignis schien unbegreiflich, gleich vielem, 
was nachher geschah. War es des Königs Schüchternheit, welche das 
Heer nicht mit der rechten Kampsessrende und Zuversicht zu erfüllen 
gewußt hatte? Waren die veralteten Heereseinrichtungen an dem Zu- 
sammenbruch schuld? Oder lähmte der Glaube an Napoleons Unbesieg- 
barkeit jede Thatkrast bei den Preußen? Jedenfalls bewährten damals 
nur wenige Führer, wie Blücher (Scharnhorst), altpreußischen Sinn 
und Mut; den meisten schien alles verloren. Hatte doch Napoleon schon 
manchem Staate ein jähes Ende bereitet! Daher überlieferten denn auch 
mehrere Befehlshaber ohne Widerstand dem Feinde starke Festungen 
(Erfurt, Spandau, Stettin, Küstrin, Magdeburg); andere streckten 
die Waffen mut- und ruhmlos auf freiem Felde, wo Waffengang uud 
Entkommen noch möglich und zu versuchen gewesen wäre, wie es z. B. 
auch Prinz August versuchte. So konnte Napoleon bald in Berlin, ja 
an der Weichsel sein. Freilich zeigten sich außer Blücher noch andere 
Preußen als Männer von echtem Schrot und Korn, wie der tapfere 
Oberst Iorck mit seinen Jägern bei Altenzaun, wie der wackere 
Courbiere in Graudenz. Der fand für den tückischen Versucher die 
rechte Antwort: „Wenn es keinen König von Preußen mehr giebt, 
dann giebt es noch einen König von Graudenz!" Ruhmvoll behauptete 
Gneisenan (Nettelbeck) Kolberg; Dauzig und die schleichen Festungen 
setzten sich zur Wehr, indem sie Truppen und Mittel zum Widerstande 
sich erst schufen. Entschlossene, kühne Männer, wie Schill, führten Streif- 
züge im Rücken der Feinde aus und sandten dem Könige Mannschaften 
und Kriegsbedarf nach Preußen zu. 
Der König und seine Familie waren nach Königsberg und dann 
nach Meinet geflüchtet. Ein Bataillon Garde zu Fuß wurde zu ihrem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.