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Mutter"Ja wohl, mein Kind.
Heinrich. Ist cs weit von hier?
Mutter. Wir werden wohl eine Stunde zu fahren und her¬
nach auch noch eine Strecke zu gehen haben; denn ihr Haus liegt
nicht dicht am Flusse.
Heinrich. O, desto besser wird das Frühstück schmecken! Und
nachher — sag' doch, liebe Mutter, nachher —?
Mutter. Nun, nachher gehen wir im Wäldchen spaziren, das
dicht daneben ist; da könnt ihr springen, lustwandeln, Blumen
pflücken, Bäumchen laufen ....
Heinrich. Ja, und wenn es heiß wird, setzen wir uns in den
kühlen Schatten, und ich lese eine Geschichte vor.
Lottchen. Und dann, nicht wahr, liebe Mutier, dann lässest
du unter den Bäumen decken, an dem schönen Orte, wovon du
uns oft gesagt hast, wo der Bach fließt, der so klar ist, daß man
jeden Stein darin sehen kann? O, laß uns doch ja nicht eher nach
Hause fahren, als bis der Mond aufgegangen ist! Dann singen
wir zusammen ein schönes Liedchen. So beim Mondscheine auf
dem Wasser zu fahren und zu singen, das muß ein Vergnügen
sein, welches über Alles geht.
Heinrich, (der unterdeß den Fluß hinuntergesehen hat). O,
der Kahn! der) Kahn! Da kommt ec! Wo ist Louischen? Da
läuft sie nun herum, und der Kahn ist da! Halt, da kommt sie!
(Heinrich ruft:) Louischen, komm geschwind! geschwind! der Kahn
ist da.
Louise (kommt eilig herbeigesprungen). Der Kahn? O, das
ist schön! Ich will gleich kommen; liebe Mutter, gib mir nur erst
einen Groschen. Da ist eine arme Frau und ein alter Mann mit
vier Kindern, diesen will ich ihn bringen. Ich komme gleich wieder.
Mutter. Wo hast du denn diese armen Leute gesehen?
Louise. Hör'! Der Gärtner machte die Thür auf, die ins
Feld geht, um Erde herein zu fahren, und da sah ich schon ein
Bißchen hinaus, da kamen sie übers Feld gerade auf mich zu. Die
armen Kinderchen! Du solltest nur einmal sehen, wie zerlumpt und
hungrig sie aussehen! Zwei von ihnen sind noch ganz klein!
Mutter Kommt, Kinder, wir wollen doch sehen, ob sie noch
da sind.-
Louise. O, gewiß! Ich sagte ihnen, sie sollten warten, bis ich
ihnen etwas brächte. (Sie gehen alle zur Gartenthür, wo sie die
arme Familie finden. Der Alte sitzt auf einem Steine neben der
Mauer; die arme Frau hat ein kleines Kind auf dem Arme, und
ein Mädchen von ungefähr zehn Jahren trägt ein anderes.)