Full text: Neuer christlicher Kinderfreund

269 
quälten und ängstigten ihn so, daß er eilends vom Pferde 
stieg und auf seinen Knieen Gott anrief, er möchte ihm 
aushelfen. Denn er konnte mit seinen Panzerhandschuhen 
weder den Helm herunter, noch das Visir aufbringen und 
mußte warten, bis Leute herbeikamen und ihn erlöseten. 
20. Feuriges Wasser. 
Was nicht dein ist, Kind, das rühr' nicht an, denn es 
brennt, und einmal hat es einem Knaben sogar das Herz abge¬ 
brannt, weil er demselben sein unrechtmäßiges Verlangen stetS 
allzudienstfertig gestillt hat. Der nahm, wie eine Elfter, Al¬ 
les, was ihm gefiel, heimlich hinweg, obgleich er wußte, daß 
eS eine Sünde ist, die einem in manchem Lande das Quartier 
in der Luft zwischen Erde und Himmel anweist, oder wenig¬ 
stens ein feurig Mal auf den Rücken brennt, daß, wenn er 
das Wamms auszieht, alle Welt lesen kann, wcß Geistes 
Kind der Gebrannte ist. Diesmal aber hat das kalte Wasser 
die Feuerstclle vertreten und jenem Jungen ein Mal auf die 
Brust gebrannt, daß ihm der Athem böser Begierden gleich 
ausging. Einmal stahl er nämlich ein Paar Steine unge¬ 
löschten Kalkes und versteckte sie in seinem Busen. Gleich 
darauf begegnete ihm ein Kamerad, der zwei Pferde in die 
Schwemme ritt, und — hast du nicht gesehn! saß unser 
Diebsjunge oben auf dem andern Pferde, und nun ging's 
in vollem Jagen nach der Schwemme. Mitten im Wasser 
" aber fiel's dem Pferde ein, sich zu legen, und Spitzbübchen 
fiel herunter. Weil er aber schwimmen konnte, so schwamm 
er eine gute Strecke fort. Auf einmal aber fing er an jäm¬ 
merlich zu schreien: Helft, helft, ich verbrenne! — Aber die 
Leute, die ihn schwimmen sahen, meinten, er habe sie zum 
Besten, dieweil ja kaltes Wasser nicht brenne. Der Junge 
sank ein paar Mal unter und kam ein paar Mal wieder herauf, 
einmal mit dem Kopfe, das andre Mal mit den Beinen und 
das dritte Mal ganz, aber auch ganz — todt. Der bren¬ 
nend gewordene Kalk hatte durch die Haut bis in's Jnn're 
gefressen. — Gelt, Kind, was nicht dein ist, das rühr' nicht 
an, denn es brennt — zum wenigsten auf dem Gewissen. 
t Dittmar: Waizenkörner. 
21. Vom Wolf und Lämmlein. 
Ein Wolf und Lämmlein kamen ohngefähr beide an den¬ 
selben Bach, zu trinken; der Wolf trank oben am Bach, das 
Lämmlein aber fern unten. Da der Wolf des Lämmleins ge-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.