Tonlesekunst.
Dank dafür! (Zur Schwester) Lottchen! Lottchen! sich doch, sich doch ein¬
mal! Neue Hosen! eine neue Weste! eine neue Jacke! neue Stiefel!
Lotte. Neue Schuhe! ein prächtiges Halstuch — und o, das
herrliche Arbeitssäckchcn mit dem schonen Namenszuge von Verchß-
meinnicht! (Auf die Mutter zuhüpsend und sic küssend) Ach, gewiß von deiner
lieben Hand gestickt, lieb Mütterchen? Danke! danke! danke! O du
herziggute Mutter du!
Karl. Und erst meine neue Flinte! und ein Säbel dazu!Da schaut
einmal! (Küßt den Eltern die Hand und fängt sogleich an, mit der hölzernen
Flinte zu ererciren. Gust nimmt sie ihm ab.)
G u st. Nicht doch.'Du bist ein jämmerlicher Füsilier! (Er macht cs ihm vor.)
Achtung! Richt't euch! Links'um! Marsch! Halt! Lad't das Gewehr!
Fertig! An! Feuer! Puff!
Vater. (Scherzend) Uhuhu! Richte kein Unglück an mit der hölzernen
Flinte! — Wie du mich erschreckt hast!
Gust. Hahahaha! Läßt mir's nicht gut, lieb Väterchen?
Vater. Herrlich! Sollt' einem elfjährigen Jungen eine hölzerne
Flinte nicht gut stehen? Aber du und Lottchen, ihr habt gerade das
Beste übersehen.
Lotte. Und was denn? — Aha, da liegt es! Ein Buch in
rothem Bande mit Gold! (Sie schlägt cs auf) Bruder Gust, flugs! Sieh,
was uns der liebe Vater geschenkt hat! Ein Bilderbuch — o, mit
köstlich gemalten Bildern! (Beide sehen hinein) O wie schön! da wollen
wir lernen! — Sieh, Karlchen, ein Elephant mit seinem laugen
Rüssel! ein Trampelthier! ein Affe^ ein Bär! ein Löwe! ein Tiger!
ein Luchs!
Mutter. Still, still! Glaubt man nicht, in Noahs Arche zu
sein und alle Thierstimmen auf Einmal zu hören!
Gust. Ach, Mutter, wir sind gar zu reich! wir kennen uns vor
Freude nicht mehr!
Vater. Haltet nur aber auch über der Freude und lernt brav
aus dem Buche! Das ist der schönste Dank, den wir erwarten und
wünschen.
Mutter. Auch bitten wir, nicht zu vergessen, daß die schönen
Kleider nicht bloß für die Christwoche angeschafft sind.
Lotte. O sorge nur nicht, liebe Mutter! nach Jahr und Tag
wollen wir noch Staat damit machen. Wenn nur Karl auch seine
Flinte so schonte!
Karl. Du sollst sehen, Mutter, wenn ich sechzig und zehen Jahr
alt bin, so spiel' ich noch wie heute damit!
Gust und Lotte. Hahahahaha!