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Geschichte des Mittelalters.
Osman's Enkel, Solimán, gieng schon nach Europa über. Der
Sultan Amurath oder Murad eroberte darauf fast gauz Thracien
(fetzt Rumilien), Macedonien re., und verlegte den Herrscher¬
sitz nach Adrian opel. Auch stiftete er das Corps der Jensitscheri
oder Janitscharen, d. i. der neuen Soldaten, welches ursprünglich
aus Christenknaben gebildet wurde, die man in der muhamedanischen
Religion erzog und durch mancherlei Vorrechte auszeichnete. Zwar
trat der mongolische Eroberer Timur (Tamerlan) der Macht der
Osmanen hemmend in den Weg; doch fuhren sie bald wieder fort,
das oströmische Kaiserthum, welches schon die Araber und dann die
Mongolen auf sein europäisches Gebiet beschränkt hatten, sich zu un¬
terwerfen, so daß nun auch die Hauptstadt Constantinopel in ihre
Gewalt fiel. Die Osmanen setzten aber nicht bloß hier fort, was die
Araber angefangen hatten, sondern sie traten fast.überall, wo diese
geherrscht hatten, an deren Stelle; auch wurden die Sultane der Os¬
manen nunmehr als die Chalifen (Nachfolger und Stellvertreter
des Propheten d. i. Muhameds) betrachtet.
Es hatten sich also nun viererlei Völker in das gesammte rö¬
mische Weltreich getheilt. Den ganzen Norden desselben (Europa)
hatten Germanen und Slaven eingenommen und zwar sene den
Westen, diese den Osten, welchen sie jedoch zum Theil den Türken
überlassen mußten. Im ganzen Süden des römischen Reiches (Asien
und Africa) hatten sich die Araber ausgebreitet, fa auf einige Zeit
sich auch neben die Germanen in Westeuropa (in Spanien) einge¬
drängt. Auch diesen Süden des römischen Reiches unterwarfen sich
aber darauf größtentheils die Türken.
7. Die Kreuzzüge.
Die Christen und Muhamedaner waren im Ganzen stets in feind¬
licher Stellung gegen einander, besonders wo sie in Europa ein¬
ander berührten. In Palästina jedoch war unter der Herrschaft der
Araber ein friedlicher Verkehr zwischen beiden eingetreten, und Jahr¬
hunderte lang besuchten die abendländischen Christen die Orte, welche
ihnen durch Jesu Leben und Tod heilig waren, ganz ungehindert. Seit
aber die seldschu k ischen Türken sich des Landes bemächtigt hatten,
mußten sich die Pilger von diesen viel gefallen lassen. Die Bedräng¬
nisse derselben wußte besonders Peter von Amiens (spr. Amieng),
ein Einsiedler, der 1094 von einer solchen Wallfahrt zurückkehrte,
rührend zu schildern. Es gelang ihm unter Beihilfe des Papstes
Urban II. die Christen des Abendlandes für einen Kriegszug gegen
die Muhamedaner in Palästina zu begeistern. Auf einer Ebene bei
Clermont im südlichen Frankreich wurde eine Versammlung von
Menschen aus allen Ständen in dieser Angelegenheit gehalten, nach¬
dem eine ähnliche schon in Piacenza Statt gefunden hatte. Urban
und Peter von Amiens wußten durch ihre Reden die Versammlung
zu entflammen, besonders ersterer, indem er denen, die an einem sol¬
chen Kriege Theil nehmen würden, Vergebung aller ihrer Sünden zu-