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Kälte verlieren sich die Fliegen; einzelne arbeiten sich im geheizten Zim¬
mer oder an sonnigen Orten wieder hervor, aber ihr allgemeines Wie¬
dererscheinen erfolgt erst im Frühling, und in großer Zahl zeigen sie
sich erst im Spätsommer. In harten Wintern gehen viel Maden und
Puppen zu Grunde und es dauert einige Zeit, bis man wieder größere
Schaaren von Fliegen antrifft. Merkwürdiger Weise gewährt dieses
kleine Insekt einem noch kleineren, einer Milbenart, einen 'Wohnsitz.
Oft trifft man Fliegen, welche mit diesem winzigen Ungeziefer ganz
bedeckt sind. Und wer weiß, ob die Körperchen dieser Milben nicht
wieder kleineren Geschöpfchen zum Wohnsitze dienen! Denn so weit die
Schärfe der Vergrößerungsgläser reicht, hat man immer neue Thier-
arten entdeckt. Wie Vieles ist dem Menschen noch verborgen, das
von Gotteö Auge bewacht wird!
71. Die Schmetter lingsammlung.
Zu den schönsten und wohlfeilsten Naturalien-Sammlungen gehören
die der Schmetterlinge. Sie sind reinlich, erfordern nicht viel Raum,
und die Glaskästen, welche man Schmetterlingsspiegel nennt, können
jedem Zimmer als Zierrath dienen und von jedem Glaser verfertigt
werden. Auch kaun man, ohne weit zu reisen, seine Sammlung selbst
anlegen und bereichern. Wer das Unternehmen weiter treiben will, kann
freilich eines großen Schmetterlings-Verzeichnisses mit gemahlten Bildern
nicht wohl entbehren, kleine Sammlungen lassen sich aber auch ohne dies
Hülfsmittel anlegen. Eins vernachlässige aber der Sammler niemals: er
soll die Geschöpfe Gottes nicht quälen. Sie sind nicht zum Spielwerk
und zum Muthwillen des Menschen geschaffen. Darum spieße man nie
einen Schmetterling an eine Nadel, ohne ihn durch scharfen Schnupfta-
back, Tabacksbrühe oder etwas Ähnliches vorher getödtet zu haben. Die
Kunst des AufspannenS zwischen Glasplatten ist nicht groß, dennoch gibt
cs Sammler genug, welche durch ihre Ungeschicklichkeit oder vielmehr Fahr¬
lässigkeit fast lauter beschädigte Eremplare haben. Scholl darum ist das
Fangen in Netzen nicht immer die beste Art, schöne Schmetterlinge zu
bekommen, weil der Vogel bei dem Flattern in dem Netze und bei dem
Herausnehmen aus demselben leicht die Ecken seiner Flügel verwischt.
Allein der Dämmerungs- und Nachtfalter kann man sich überhaupt nicht
gut auf diese Weise bemächtigen. Deßhalb verdient das Erziehen der
Schmetterlinge aus Raupen in vielen Fällen den Vorzug. Man darf
aber ja nicht meinen, daß man mit den Raupen oder Puppen unge¬
stümer umgehen dürfe, als mit den Schmetterlingen. Faßt man eine
Raupe hart oder auch nur oft an, läßt man eine Puppe fallen, so kann
man darauf rechnen, daß man entweder gar keinen oder einen sehr arm¬
seligen Zweifalrer d. i. Schmetterling erhalten wird. Der Bau dieser
Thierchen ist äußerst zart, und die Lebensart in einer Blumenschcrbe oder
Schachtel ist an sich schon nicht so gedeihlich als im Freien. Vor Allen!
muß man darnach streben, die rechte Fütterung für die Raupen zu fin¬
den. Da die meisten Raupen sich nur von einer einngen Gattung von
Blättern nähren, so erkennt man meistens an der Pflanze, worauf man
eine Raupe findet, auch schon ihre rechte Nahrung. Dabei ist cs aber
nicht einerlei, ob die Blätter frisch oder welk, hart oder weich sind. Der