98 
bar sind, als ihre kleineren Verwandten. Denn bei ihrer Größe, oft 
von anderthalb Zoll, und der Giftigkeit ihres Stiches können sie großes 
Unheil anrichten. Man hat Beispiele, daß ein Pferd an dem Stich 
von 5 bis 6 solcher Thiere zu Grunde gegangen ist. Doch auch die 
Wespen und die Bienen können durch ikne große Anzahl Thiere und 
Menschen übel zurichten. Indessen sind Dies Ausnahmen. Daß man 
für gewöhnlich die Bienen nicht zu fürchten hat, beweist ihre Unter¬ 
haltung in der Nahe von Menschen. Wenn sie gleich nicht als völlig 
gezähmte Thiere angesehen werden können, so haben sie sich doch an 
eine bestimmte Wohnung und an die Wartung der Menschen gewöhnt, 
und liefern diesen ohne bedeutendes Widerstreben ihren Honig und 
ihr Wachs. 
Was die Wohnungen betrifft, so weiß man nicht, welchen man 
rücksichtlich der Künstlichkeit den Vorzug geben soll, denen der Wespen 
oder der Bienen oder der Ameisen. Die Ersteren nämlich verfertigen 
ein papierartigeö Gewebe, welches sie entweder frei aufhängen oder 
in Erdhöhlen oder auch in Mauerlöchern anbringen. Diese Wespen¬ 
nester sind mit einer Kunst angelegt, welche uns mit ihren sonst schäd¬ 
lichen und bösartigen Bewohnern aussöhnt. Von dem gemeinschaft¬ 
lichen Eingänge kann man in Gängen von stets gleicher Weite zu je¬ 
der Zelle gelangen, worin sich die Brut befindet. Keine Wespe stört 
die andere, niemals gerathen sie untereinander in Streit; für die Jun¬ 
gen wird gemeinschaftlich gesorgt, gegen Feinde gemeinschaftlich zu Felde 
gezogen. Das haben Die, welche in ein Wespennest stechen, oft genug 
erfahren. Und mit welchem Eifer wird eine gestörte Wohnung wieder 
hergestellt! Da zieht sich keine Wespe von der Arbeit zurück. Allein 
gleichwohl stehen diese Thiere bei den Menschen nicht in Gunst, theils 
weil man ihren Stachel noch mehr fürchtet, als den der Bienen, theils 
weil sie das nicht für sie bestimmte Obst beschädigen. Wenn man 
ihnen zusieht, mit welcher Gierde sie über Birnen oder Weintrauben 
herfallen, mit welcher Schärfe sie die Schale durchnagen, so begreift 
man wohl, daß die Gärtner Alles anwenden, um die Wespen zu ver¬ 
tilgen oder wenigstens zu vermindern. Allein man sieht auch, daß 
der Dichter Recht hat, welcher sagt: 
Freund, wenn dich die Verläumdung sticht, 
So laß es dir zum Troste sagen: 
Es sind die schlechtsten Früchte nicht, 
Woran die Wespen nagen. 
Und auch an anderen Dingen zeigen sich die Wespen als Räu¬ 
ber. Greifen sie doch Fleisch an und beißen große Stücke heraus, und 
fallen sie doch über Bienen und andere Insekten von gleicher Größe 
her und zerstückeln dieselben gänzlich. Da sie aber auch mit schädlichen 
Insekten so verfahren, so kann man doch nicht behaupten, daß die Wes¬ 
pen gar keinen Nutzen brächten. Auch gibt es Arten, welche durchaus 
nichts schaden, sondern nur nützen, z. B. die Schlupfwespen, welche 
von dem Schöpfer den wunderbaren Trieb erhalten haben, ihre Eier 
in den Körper einer Raupe zu legen, welche von den ausgehenden 
Jungen sogleich verzehrt wird. Will man also Wespen tödten, so be¬ 
schränke man sich wenigstens auf die bekannte gemeine Art mit schwarz. 
und gelben Ringen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.