mich an, und indem glaubte ich auch den Schritt zu kennen. Als ich 
bald daraus aus der Tür trat, stand Ehrenfried vor mir. Sein Ge¬ 
sicht war blast, aber freundlich. Er streckte mir schweigend seine Hand 
entgegen und hustete ein paarmal, als ob er sprechen wollte. ,Es hat 
nicht sein sollen, Meta/ sagte er endlich; ,wir wollen's dem lieben 
Gott anheimstellen? Dann drückte er mir noch einmal die Hand, nickte 
mir zu und ging die Treppe hinab an sein Geschäft. — Noch an dem¬ 
selben Tage schrieb ich meinem Bruder.-Zwischen mir und Ehren¬ 
fried ist dann von diesen Dingen nicht mehr die Rede gewesen; wir 
lebten wieder still nebeneinander fort, und allmählich war es zwischen 
uns fast, wie es sonst gewesen; auch das ,du' gebrauchten wir nicht mehr, 
wenn wir, was selten geschah, einmal zusammen sprachen. Aber in 
den Garten hinter dem Speicher bin ich seitdem nicht gern gegangen, 
und wir haben uns auch niemals wieder dort getroffen. — Die Jahre 
vergingen, wir wurden alt, und die Stadt um uns wurde immer fremder." 
Die Erzählerin schwieg. „Ich dächte," hob der Lehrer an, indem 
er fast mit einer ehrfürchtigen Scheu auf seine Freundin blickte, „Ihr 
Herr Bruder sei ein Mann in auskömmlichen Verhältnissen; so ist er 
wenigstens in der Leute Mund." 
„Er ist es geworden, Herr Lehrer — später, und er hat mir das 
Darlehen auch bei Heller und Pfennig und mit allen Zinsen zurück¬ 
bezahlt; aber es war kurz vor Ehrenfrieds Tode und schon in seiner 
letzten Krankheit. — — Ja, was ich sagen wollte, ein paar Tage 
vor seinem Ende, des Ehrenfried, meine ich, war viel Besuch in seiner 
Kammer; die Eerichtspersonen waren dort gewesen, und auch unsern 
Nachbarn, den Goldschmied, hatte ich am Morgen herauskommen sehen. 
Als ich nachmittags die Mixtur hineinbrachte, bat Ehrenfried, mich 
neben seinem Bette niederzusetzen. ,Meta/ sagte er, denn ich hatte 
ihm das vorhin erzählt, ,das Geld wäre nun wohl wieder beisammen, 
aber das Leben ist indessen alle geworden. — Da hab' ich nun, als 
ich so dagelegen, bei mir gedacht, es müstte doch schön sein, wenn 
einer, wo es just die Zeit wäre, so einmal aus dem Vollen leben 
könnte und ohne Kümmernis. Uns ist es so gut nicht geworden und 
unsern Eltern auch nicht; mir ist, als hätten wir alle nur ein Stück¬ 
werk vom Leben gehabt. Und weiter hab' ich mir gedacht, wenn unser 
Kapital zusammenkäme!‘-Und als ich das abwehren wollte, richtete 
er sich ungeduldig in seinen Kissen auf. ,Nein, nein, Mamsell Meta/ 
sagte er, ,reden Sie mir nicht dazwischen!' — Und dann duzte er mich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.