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am besten gedeiht, an den Rhein. Denn kommt auch der Strauch, wel¬
cher die Trauben trägt, wohl allenthalben in den Ebenen von Deutsch¬
land fort, so werden die Trauben selbst doch nur in den wärmsten
Strichen unseres Vaterlandes, also in den Thälern des Rheins, des
Mains, Neckars und der mittleren Donau edel, so daß man sie keltern
und den Most in Fässern verwahren mag. Der Elbwein taugt nicht
viel und der Oderwein noch weniger. Trauben zum Essen mag man
auch anderswo an warm gelegenen Wänden ziehen, aber am Rhein, am
Rhein da wachsen die Reben, deren Ruhm bis in fremde Welttheile reicht.
Übrigens ist auch dort der Weinstock ein zartes Gewächs, welches im
Winter leicht erfriert, und in der guten Jahreszeit der sorgfältigsten
Pflege und der günstigsten Witterung bedarf, wenn seine Früchte ge¬
deihen sollen. Man rechnet nur alle 5 Jahre auf eine volle Wein¬
ernte (Herbst), und doch bestehen die Weinbergsbesitzer dabei, ein Be¬
weis, daß eine solche Ernte einträglicher, als eine Haferernte oder
selbst als eine Weizenernte sein muß. Aber freilich ist es auch eine
Lust, eine Weinlese in guten Jahren mitzumachen Da ist Alles voll
Freude. Die Gutsherrn und die Winzer, die Jungen und die Alten,
die Einheimischen und die Fremden nehmen Theil an dem Jubel.
Man denkt nicht an die Beschwerlichkeiten und Kosten, welche einem
solchen Herbste vorausgegangen sind. Man ißt junge Trauben und
trinkt alten Wein, man feuert mit Pistolen in die Luft und thut als
wäre der herrlichste Sommerabend. Und doch ist es November min¬
destens Oktober oft mit Nebel und Reis, wenn die besseren Trauben
geherbstet werden.
Wohl verdient aber auch der Winzer eine Erholung nach den
Mühen des Jahres, denn kein andres Gewächs fordert soviel War¬
tung und macht soviel Plage als der Weinstock. Ist der Winter glück¬
lich vorübergegangen, so werden die Weinberge, welche noch nicht im
Herbste mit Dung versehen waren, im Frühlinge gedüngt und aufge¬
hackt. Dann werden die Reben geschnitten und an die Pfähle sorg¬
fältig in Windungen oder Bogen festgebunden. Die Winzer wissen
genau, wieviel Hol; man dem Stocke lassen, wieviel wegschneiden darf.
Nun sieht man nach den Gescheinen d. h. Blüthenknospen. Geht
es glücklich mit diesen, so kommt um Johannistag die Blüthe. Für
das Auge bietet sie wenig Schönes, desto mehr für den Geruch. Keine
Blume riecht so fein als die Rebenblüthe. Der Winzer hat aber noch
nicht gewonnen, wenn die Blüthe gut vorübergegangen ist, es bleibt
noch die Sorge vor den schädlichen Insekten, vor der Fäulniß, vor
einem kalten oder regnerischen August, denn dieser soll der Kochmonat
der Trauben sein. Auch hat der Wingertsmann d. h. der Weingärt¬
ner ^oder Winzer bald die jungen Sprößlinge zu heften, bald die über¬
flüssigen Blätter abzulaube» (geizen) und noch manche andere Arbeit,
ehe seine Ernte erscheint. Selbst in der Kelter und im Fasse will der
Wein noch aufmerksam behandelt sein. Der weiße kommt wenigstens
sogleich in die Kelter und in das Faß, der rothe aber muß mit den
Schalen einige Tage in Butten stehen, damit ihm jene ihre Farbe
mittheilen. Keltert man die dunklen Trauben sogleich, so wird der
Wein nur röthlich (Bleichart). In dem Keller selbst muß der Most
gähren. Während der Gährung nimmt er eine weiße, schaumige Farbe