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mit Steinplatten versehenen Decke überlegt, die weder Regen noch Bom¬
ben eindringen laßt, mit einem Backofen und mehreren Kaminen ver¬
sehen, worin die Besatzung im Nothfall kochen kann. Noch müssen wir
einige Worte von dem tiefen Brunnen sagen, welcher 1553 anzulegen
angefangen wurde, und woran man 40 Jahre lang arbeitete. Er ist
586 Ellen tief, durch lauter Sandsteiufelsen gehauen, hat in der Regel
26 Ellen Wasser und ist selbst bei der größten Dürre nicht wasserlos.
Als eine Merkwürdigkeit des Königsteins wird noch das soge¬
nannte Pagenbette gezeigt, welches unter der Friedrichöburg, außerhalb
an dem Felsenabhange sich befindet. Ein Page (Edelknabe) des Kur¬
fürsten gab dieser Stelle den Namen. Dieser kroch nämlich während
eines Hoffestes, von Lust und Wein benebelt, zu einer Schießscharte der
Burg hinaus auf den kaum eine Elle breiten, abschüssigen Vorsprung
des Felsens, um da den Rausch zu verschlafen. Nur der geringsten
Wendung bedurfte es, und er stürzte in den Abgrund hinunter. Glück¬
licher Weise wurde er zeitig entdeckt, und als man dem Kurfürsten dies
halsbrechende Ruheplätzchen zeigte, ließ er den Schlummernden erst an¬
binden und dann mit Trompeten und Pauken wecken. Der Schreck
muß aber diesem Pagen nicht viel geschadet haben, denn ungeachtet eines
ähnlichen Abenteuers, wo sein scheues Pferd von der Brücke zu Dres¬
den mit ihm in die Elbe hinabsetzte, erreichte er ein Alter von 106 Jah¬
ren. — Der Besuch dieser Festung wird Niemanden ohne besondere
königliche Erlaubniß gestattet. Unbeschreiblich schön ist die Aussicht
von dieser Höhe auf das Elbthal, weit über Dresden hinaus und auf
die kolossalen Felsengebilde und malerischen Berggruppen der sächsischen
Schweiz, von denen der Blick wieder herabgezogen wird in die anmu-
thigen Thäler, durch welche die Waldströme ihre Silberftreifen ziehen.
4?. Die Herzogthümer AnliaEt.
An den fruchtbaren Ufern der Elbe, Saale und Mulde, nicht
weit vom Fusse des Harzgebirges liegen die zwei Herzogthümer
Anhalt, von Preussen rings umschlossen. Obgleich die Residenz¬
städte der Herzoge nicht gross sind, so hat doch besonders Des¬
sau gar manches Schöne in sich und seiner Umgebung. Der in
der Nähe liegende Wörlitzer Garten ist sogar einer der schön¬
sten und grössesten in ganz Deutschland. Und da er nach der
Elbe hin gar nicht eingezäunt ist, sondern sich in die Felder ver¬
läuft, so erscheint seine Ausdehnung noch weit bedeutender als sie
wirklich ist. Wer seine schönen Irrgänge, Blumen- und Wiesen-
parthien, seine Grotten, Tempel und Bildsäulen alle aufzählen
wollte, würde kaum fertig werden. Das Schönste aber ist der
grosse, spiegelhelle See, zu dessen Insel man auf zierlichen Kähnen
(Gondeln) fährt, und dessen Kanäle den ganzen Garten bewässern,
ln dem sogenannten gothischen Haus, einem alterthümlich gestal¬
teten Gebäude, von wo man zugleich eine herrliche Aussicht ge¬
messi, werden kostbare Gemälde und andere Seltenheiten aufbe¬
wahrt. In Köthen, dessen herzogliche Linie vor Kurzem ausge¬
storben ist, kreuzen sich 2 wichtige Eisenbahnen. Hätte pian diesen
Tortheil nur nicht sogleich zur Anlage einer Spielbank verwandt!