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den, aber die Strafe, welche der Kaiser Napoleon über die Stadt ver¬ 
hängte, war barbarisch, so daß sie jeden Deutschen, auch die damals 
mit Frankreich verbündeten Badner empörte. Der Kaiser befahl näm¬ 
lich die Stadt Hersfeld zu plündern und alsdann an vier Orten an¬ 
zuzünden und in Asche zu legen. Dieses Hersseld ist ein Ort, der 
viele Fabriken und daher auch viele reiche und wohlhabende Einwoh¬ 
ner und schöne Gebäude hat; und ein Menschenher; kann wohl empfin¬ 
den, wie e§ nun den armen Leuten, den Vätern und Müttern zu 
Muthe war, als sie die Schreckenspost vernahmen. Und der arme 
Mann, dessen Hab' und Gut auf einmal aus dem Arm weggetragen 
werden konnte, war jetzt so übel dran, als der Reiche, zu dessen Gü¬ 
tern man viele Wägen brauchte; und in der Asche sind die großen 
Häuser auf dem Platz und die kleinen in den Winkeln auch so gleich, 
als die reichen Leute und die armen auf dem Kirchhof. Nun zum 
Schlimmsten kam es nicht. Auf Fürbitte der französischen Komman¬ 
danten in Kassel und Hersfeld wurde die Strafe so gemildert: Es soll¬ 
ten zwar nur 4 Häuser verbrannt werden, und Dies war glimpflich; 
aber bei der Plünderung sollte es bleiben, und Das war noch hart ge¬ 
nug. Die unglücklichen Einwohner waren auch, als sie diesen letzten 
Bescheid hörten, so erschrocken, so alles Muthes und aller Besinnung 
beraubt, daß sie der menschenfreundliche Kommandant selber ermahnen 
mußte, statt des vergeblichen Klagens und Bittens, die kurze Frist zu 
benutzen, und ihr Bestes noch geschwind auf die Seite zu schaffen. 
Die fürchterliche Stunde schlug, die Trommel wirbelte in'ö Klagege¬ 
schrei der Unglücklichen. Durch das Getümmel der Fluchtenden und 
Fliehenden und Verzweifelten eilten die Soldaten ans ihren Sammel¬ 
platz. Da trat der brave Kommandant von Hersfeld vor die Reihen 
seiner badnischen Jäger, stellte ihnen zuerst das traurige Schicksal der 
Einwohner lebhaft vor die Augen, und sagte hieraus: „Soldaten! die 
Erlaubniß zu plündern sängt jetzt an. Wer dazu Lust hat, der trete 
heraus aus dem Glied." So sprach der Kommandant; und Wer jetzt 
ein Glas voll Wein hat neben sich stehen, der trinke es aus, zu Eh¬ 
ren der badnischen Jäger. Kein Mann trat aus dem Glied. Nicht 
einer! Der Ausruf wurde wiederholt. Kein Fuß bewegt sich; und 
wollte der Kommandant geplündert haben, so hätte er müssen selber 
gehen. Aber es war Niemand lieber als ihm, daß die Sache also 
ablief, Das ist leicht zu bemerken. Als die Bürger Das erfuhren, war 
es ihnen zu Muthe, wie Einem, der aus einem schweren Traume er¬ 
wacht. Ihre Freude ist nicht zu beschreiben. Sie schickten sogleich eine 
Gesandtschaft an den Kommandanten, ließen ihm für diese Milde und 
GroßmuthManken und boten ihm aus Dankbarkeit ein großes Ge¬ 
schenk an. Wer weiß, Was Mancher gethan hätte! Aber der Kom¬ 
mandant schlug dasselbe aus und sagte: er lasse sich keine gute That 
mit Geld bezahlen. Nur zum Andenken von euch, setzte er hinzu, er¬ 
bitte ich mir eine silberne Münze, auf welcher die Stadt Hersseld vor¬ 
gestellt ist und der heutige Auftritt. Dies soll das Geschenk sein, 
welches ich meiner künftigen Gattin aus dem Kriege mitbringen will.— 
Dies ist geschehen im Februar des Jahrs 1807 und so Etwas ist des 
Lesens zweimal werth.
	        
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