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Schriften aber immer mehr Beifall fanden 'und bewiesen, dass
Schiller ein ganz ungewöhnlicher Dichter sei, so berief ihn der
Herzog von Sachsen-Weimar zuerst nach Jena als Professor und
hernach nach Weimar selbst, wo er in der herzoglichen Familie
höchst ehrenvoll aufgenommen wurde. Selbst in den Adelstand
ward Schiller erhoben. Allein dieses Glückes genoss er nicht
lange, denn schon im Jahre 1805 starb er, noch nicht 46 Jahre
alt. Die allzu grosse geistige Anstrengung hatte auch seinen
Körper frühzeitig aufgerieben.
'iO. Die Worte des Glaubens.
Drei Worte nenn' ich Euch, inhaltschwer,
Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen ste nicht von außen her,
Das Herz nur gibt davon Kunde,
Dem Menschen ist aller Werth geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.
. Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und würd' er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
Nicht den Mißbrauch rasender Thoren.
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht.
Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
Der Mensch kann ste üben im Leben,
Und sollt' er auch straucheln überall,
Er kann nach der göttlichen streben,
Und Was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüth.
Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
Wie auch der menschliche wanke,
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
Lebendig der höchste Gedanke.
Und ob Alles in ewigem Wechsel kreis't,
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.
Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer,
Sie pflanzet von Munde zu Munde,
Und stammen sie gleich nicht von außen her,
Euer Innres gibt davon Kunde.
Dem Menschen ist nimmer sein Werth geraubt,
So lang er noch an die drei Worte glaubt.
t ;41. Auslegung der Worte des Glaubens.
Die drei Worte, woran der Mensch glauben soll, heißen Freiheit,
Tugend und Gott. Sie sind inhaltschwer, weil man nicht sogleich
merkt, was für Bedeutung alle darin liegt, und weil ein Mensch sein
Leben lang darüber nachdenken kann, ohne daß er damit zu Ende kommt.
Solche Worte gehen deßhalb von Munde zu Munde, weil Jeder gern
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