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haben ihn aber nicht kaputtgeschossen. Meine Kurven und Gleitflüge,
überhaupt mein ganzes Fliegen soll ausgesehen haben, als flöge ich
schon wochenlang auf Fokker, nicht erst den dritten Tag. Als Aus—
zeichnung habe ich gestern das Eiserne Kreuz 1. Klasse erhalten.
Nun habe ich den schönsten Orden, den ein junger Offizier über—
haupt bekommen kann.
Ich will nichts dagegen haben, wenn Du die Tatsache, daß
ich das Eiserne Kreuz 1. Klasse bekommen habe, in gewöhnlicher
Weise bekanntmachst, keinesfalls aber darfst Du ein Bild von mir
an irgend jemand geben, daß ich dann womöglich in einem Blatt
erscheine. Auch die Kampferzählung ist nur für Dich, nicht für die
Zeitung. Jetzt kann ich wohl Schluß machen.
Max Immelmann.
15. Zeppelin über London.
1915.
London ist ein wichtiger militärischer Mittelpunkt und eine mili—
tärisch verteidigte Stadt, von jedem Standpunkte aller geschriebenen
und ungeschriebenen Kriegsgesetze aus betrachtet. London ist daher
für einen Luftangriff ganz besonders geeignet. Große militärische
Depots befinden sich dort, ebenso wie große Eisenbahnstationen,
Banken, Docks, Schiffswerften und industrielle Anlagen aller Art.
Wenn irgend jemand London als eine nicht verteidigte Stadt an—
sehen sollte, so hätte er in der vorderen Gondel meines Zeppelins
bei unserem letzten Angriff auf London, den wir vor einigen Nächten
unternahmen, neben mir stehen sollen. Dort würde ihn das wilde
rote Aufflammen der Abwehrkanonen und der platzenden Schrapnelle
bald eines andern belehrt haben. Bisher hatte es sich nur um Auf—
klärungen gehandelt. Dieses letzte Mal war der erste wirkliche An—
griff auf verschiedene Punkte Londons, die Eisenbahnstationen usw.
Ich hatte alles mögliche zu tun, um Beschädigungen der St. Pauls—
Kirche und anderer Kirchen, der Museen, Paläste, der Westminster—
abtei, des Parlaments, sowie der bewohnten Distrikte zu vermeiden.
Die Wetterstationen und meteorologischen Beobachtungsposten
hatten günstige Bedingungen vorausgesagt. Je kühler das Wetter