Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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barmherziger Fürst, ein christlicher König sein will, wie mein 
unvergeßlicher Vater es war. Gesegnet sei sein Andenken! 
Ich will Recht und Gerechtigkeit mit Nachdruck üben, ohne 
Ansehn der Person. Ich will das Beste, das Gedeihen, die 
Ehre.aller Stände, mit gleicher Liebe umfassen, pflegen 
und fördern — und ich bitte Gott um den Fürstensegen, 
der den Gesegneten die Herzen der Menschen zueignet 
und aus ihm einen Menschen nach dem göttlichen Willen 
macht — ein Wohlgefallen der Guten, ein Schrecken der 
Frevler! Gott segne unser theures Vaterland!" 
Und in Berlin, bei der Huldigungsfeier der übrigen sieben 
Provinzen, am 15. Oktober desselben Jahres, sprach er vor einer 
zahllosen Volksmenge: 
„Ich gelobe, mein Regiment in der Furcht Gottes und 
in der Liebe der Menschen zu führen!" 
Getreulich hat Friedrich Wilhelm IV. diese Gelöbnisse gehalten 
nach seinen besten Kräften. Freundlich und liebevoll gegen Jeden 
nn Lande, ist er mit mildthätiger Hand überall bereit, wo es gilt, 
Noth und Elend zu lindern, und mit Weisheit strebt er auf 
allen Gebieten der Staatsverwaltung die Wohlfahrt des Lan¬ 
des zu befördern. Künste und Wissenschaften, Handel und 
Gewerbe, Acker- und Bergbau haben unter seiner Regierung einen 
hohen Aufschwung genommen. Des Königs hoher Kunstsinn läßt ihn 
kein Opfer scheuen, prachtvolle Denkmäler alter Baukunst zu er¬ 
halten und unvollendete ihrer Vollendung entgegen zu führen. Mit könig¬ 
licher Freigebigkeit zahlt er zur Vollendung des herrlichen Domes zu 
Köln allein jährlich 50,000 Thlr. Dadurch, und durch unzählige andere 
Wohlthaten hat er sich die Katholiken im Staate zum aufrichtigsten Danke 
verpflichtet. Er befreite die katholische Kirche in Preußen von manchen 
staatlichen Beschränkungen, und gestattete den Bischöfen 
den ungehinderten Verkehr mit dem heiligen Vater in Rom, 
dem Mittelpunkte der katholischen Einheit. Es ist dies ein 
laut redendes Zeugniß, daß Friedrich Wilhelm IV. dem alten und 
schönen Wahlspruche Preußens huldigt: 
„Jedem das Seine!" 
Am 5. Dezember 1848 gab der König dem Lande eine Verfas¬ 
sung (Constitution). Diese wurde im Jahre 1849 von der 
Volksvertretung, den beiden Kammern, revidirt und am 6. 
Februar 1850 von dem Könige beschworen. Seitdem ist Preu¬ 
ßen ein konstitutioneller. Staat, d. h., kein neues Gesetz kann 
endgültig zu Stande kommen ohne die Zustimmung des Königs und 
der beiden Kammern, welche seit 1855 in einem „Hause der 
Herren" und einem „Hause der Abgeordneten" bestehen. 
Für die Provinzen sind berathende Versammlungen (Provin¬ 
zialstände) angeordnet, und die bürgerlichen Gemeinden werden 
nach den bestehenden Gemeindeordnungen verwaltet. 
H-esters' Lesebuch für Oberkl. Kathol. Ausgabe. Iß
	        
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