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Alles Gute strömt aus dir!
Gott der Liebe, Dank dafür!
Kinder, eure Ältern pflegen,
Sei, bis einst ihr Auge bricht,
Immer eure liebste Pflicht.
Heil dem Kinh und Gottes Segen,
Das der Ältern Weg erfreut,
Bis ans Grab mit Blumen streut!
53 Kiefnu. (39.)
Ein vornehmer Mann hatte manche schlechte That
vollbracht. Es ward entdeckt, und er ward zum Tode
verurtheilt. Welch ein Schmerz für die Kinder, zu wis¬
sen, daß ihr Vater unter den Händen des Scharfrichters
sein Leben enden würde! Ach, dachten sie, hätte er nur
noch Zeit zu leben, vielleicht besserte er sich noch! „Mei¬
nen Vater von der Hand des Scharfrichters todten zu se¬
hen, o nein, das kann ich nicht ertragen," rief Kiefnu,
Sein Sohn. Schnell eilte er fort zum Fürsten, warf
sich vor ihm nieder und bat um das Leben seines Vaters.
„O Fürst," sprach er, „ich weiß, daß mein Vater des
Todes werth ist; ich weiß, daß das Gesetz ihn wegen
seiner Handlungen zum Tode verurtheilt; ach, laß mich
an seiner Statt sterben! Nimm mein Leben für das Le¬
ben meines Vaters, und laß ihn los!"
Mit einer, dem Anscheine nach, strengen Miene,
sprach der Fürst:. „Wohlan, dein Wunsch sei dir gewährt.
Man führe diesen jungen Menschen sogleich zum Gerichts¬
platze." Voll Freude, daß er so glücklich war, für sei¬
nen Vater sterben zu können, küßte der Jüngling die
Hand des Fürsten, und sprang auf, um sich den Hän¬
den des Scharfrichters zu überliefern.
„Halt!" rief der Fürst voll Freude, „solch einen
Sohn sah ich noch nie. Geschenkt sei dir das Leben dei¬
nes Vaters, und du, guter Sohn, lebe fürs Vater¬
land! Das beste Kind wird auch der beste Mensch, der
beste Bürger sein!" — Der Fürst küßte den Jüngling
und hing ihm sein eigenes Halsgeschmeide um.. Beschämt
sprach der Jüngling: „Herr! es ist mir genug, daß ich mei-