Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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uns nur in Zimmern betrieben werden und erfordert während der 
Häutung der Raupen viele Mühe und Sorgfalt. Wer sich aber diese 
nicht verdrießen läßt und fleißig Maulbeerbäume oder auch nur Maul¬ 
beerhecken pflanzt, um reichlich Futter für die Raupen zu haben, dem 
wird seine Mühe auch reichlich durch den Ertrag von Seide belohnt, 
die überall Käufer findet, und die bis jetzt für große Summen Gel¬ 
des größtentheils vom Auslande bezogen worden ist. 
24. Der Maikäfer. 
Die Obstbäume haben wir eigentlich nur für uns gepflanzt. 
Die Maikäfer thun aber, als wären sie ihretwegen da; denn in man¬ 
chen Jahren finden sie sich so häufig aus ihnen ein, daß die Zweige 
sich von der Last beugen. Dann geht es den Bäumen schlecht; was 
an weichem Laube sich vorfindet, wird unbarmherzig abgefressen. Noch 
ehe acht Tage vergangen sind, stehen ausgedehnte Obstanlagen ent¬ 
laubt da und haben ein winterliches Ansehen; denn die Bäume ver¬ 
lieren ja mit den Blättern diejenigen Werkzeuge, die ihnen zum Leben 
so nothwendig sind, als den Menschen die Lungen, und müssen alle 
ihre Säfte zur Hervorbringung neuer Blätter verwenden. 
Haben sich die Maikäfer acht bis vierzehn Tage dem Vergnügen, 
umherzuschwärmen und Laub zu fressen, hingegeben, so graben sich die 
Weibchen, die man leichr an den kleinen Fühlhörnern erkennt, einige 
Zoll tief in die Erde und legen dort an zwei bis drei verschiedenen 
Orten zwölf bis dreißig Eier. Bald darauf sterben sie. Nach vier 
bis sechs Wochen entstehen aus den Eiern kleine wurmartige Thier- 
chen, Larven oder Engerlinge genannt, die sechs Beine und kräftige 
Kinnbacken haben. 
Ihre Nahrung besteht meistens in zarten Wurzeln. Wie die 
Alten, so sind auch sie äußerst gefräßig; und um sichs bei ihreu 
Mahlzeiten recht bequem zu machen, legen sie sich aus den Rücken, 
fangen am Wurzelspitzchen an zu fressen und fahren damit so weit 
fort, als es ihnen schmeckt, und sie ohne große Unbequemlichkeit mit 
dem Kopse hinaufreichen können. Im Herbst gehen sie tiefer in die 
Erde, machen sich eine recht glatte Höhle und schlummern darin, bis 
die Frühlingssonne den Boden wieder erwärmt und die Pflanzen zum 
Wachsthum antreibt. 
Mittlerweile ist ihnen ihr Kleid zu enge geworden, und sie sollten 
ein neues, weiteres haben; dafür ist auch ohne ihr Zuthun zum vor¬ 
aus gesorgt von dem, der auch die Lilien des Feldes kleidet; das alte
	        
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