der Deutschen.
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vertrauend, ihre Natur, ihre gerechte Sache und die eigne Kraft oen Rie¬
senkampf mit dem mächtigsten Gebieter in Europa. Die jungen Burschen
mit dem Rosmarin der Geliebten, die Alten mit Nussbanmlaub auf dem
grünen Hut, den nie fehlenden Stutzen im Arme, strömten wieder zusammen,
sie höhlten mit Brunnbohrern Lärchenstamme aus, umfassten diese mit eiser¬
nen Ringen und schossen daraus 3 und mehrpfündige Kugeln von Leimen
mit großer Sicherheit auf 4—500 Schritte ab. Gegen Ende des Feldzugs
hatten sie 17 metallne und 6 hölzerne Kanonen, sie bedienten sich ihrer
aber nur in Notfällen, weil ein Kanonenschuß so viel Pulver wie 6 nütz¬
lichere Büchsenschüsse kostete, das Pulver aber aus der Schweiz hereinzu¬
schmuggeln sehr gefährlich war. Mit großer Schnelligkeit und Kunst thürm-
ten sie Verhaue, warfen Schanzen auf; der ganze Jselberg war mit Brust¬
wehren gespickt; Felswände wurden unterhöhlt und angebohrt, um Heer¬
straßen und Heereszüge zu verschütten. An Abhängen steiler Gebirge
hingen drohend dicke, zusammengeknebelte, mit Erde und Steinklumpen be¬
schwerte Baumstämme, oder Steinmassen, und von den höchsten Bergkuppen
fuhren über die aus Baumstämmeu gemachten Schienen die größten Lasten
gleich Pfeilen herab und zertrümmerten Brücken und Alles, was im Weg
lag. Wenn die Sturmglocke ertönte, erhob sich Alles ohne Unterschied, es
klang dieses Geläute oft fürchterlich in den Ohren der Feinde, und wo diese
konnten, schnitten sie die Glockenstränge ab. „Jeder ohne Ausnahme", schreibt
ein Augenzeuge, „Edelmann, Bürger und Bauer von gesunder Leibesstatur
musste sich stellen. Auf den Wink standen die vom Ober-Commandanten
verlangten Compagnien vor seiner Thüre; mit Trommeln, Pfeifen, Musik,
Jubel und Juchhei zogen sie auch bei der schlechtesten Witterung ein. Kein
Posten war ihnen zu gefährlich, kein Marsch zu weit,. feine Strapatze zu
hart. Es hieß nur immer: Wo ist der Feind? Ihre Frage war: Dürfen wir
bald raufen für Gott, Maria, Religion, unsern lieben Kaiser und Vater¬
land? Die Thränen mussten dem aus den Augen fließen, der patriotisch
dachte und den ungezwungnen Eifer dieser Menschen sah." Auch Frauen
und Mädchen halfen den Vertheidigern. Ein rüstiges Weib von 28 Jah¬
ren machte unter Speckbacher den ganzen Feldzug mit und war kaltblütig
genug, ihren Stutzen nicht eher abzufeuern, als bis der Feind sich ihr auf
100—150 Schritte genähert hatte; andere fassten Position, um Steine auf
die Feinde zu rollen, oder den Ihrigen die Büchsen zu laden, Wein und
Nahrung auf den Kampfplatz zu bringen; ein anderes Maidl war es, die
im Oberinnthal eine Brücke zerstörte, mit eigener Hand einen bayerischen
Osficier gefangen nahm und ihn hierauf vor Misshandlung schützte. Im
Tauferer Thal bildeten die Weiber 4 Compagnien, stellten Wachen aus
und patrouillirteu. Einst hatten sie 700 gefangene Sachsen zu bewachen.
Diese fanden Gelegenheit, 10 Stunden weit zu entwischen. Aber die Wei¬
ber setzten ihnen nach, bewaffnet mit Heugabeln, Flinten und Morgenster¬
nen, holten sie ein und brachten sie unter Prügeln zurück. Man sah auch
Frauen den jungen nach Haus kehrenden Schützen den Verband abreißen,
um zu sehen, ob sie wirklich verwundet wären und nicht etwa aus Feigheit
die Compagnien verlassen hätten. Je größer die Gefahr, desto vollzähliger
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