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Gespräche zur Erweckung
Dater. Gut, August, dass du mich au den Winter
erinnerst. Ich sagte euch vorhin, ihr möchtet den Garten,
während ihr jetzt seine Pracht bewundert, euch noch einmal
vorstellen, wie er vor ein paar Monaten, nämlich im Win¬
ter, aussah. Habt ihr das gethan?
Lotte. Ja, Vater. Aber ich muss gestehen, wenn
ich's nicht selbst erlebt hätte, so würde ich es kaum glau¬
ben, dass aus dem öden, nackten Wintergarten ein so schö¬
ner Blumengarten hätte werden können.
August. Ich kann es auch nicht recht begreifen,
wie es zugeht. —
Water. Wir wissen zwar wohl, dass mit der Früh¬
lingswärme in die Baume, wie in alle Pflanzen, ein Saft
steigt, auö dem die Blätter und Blüthen, wie auch später
die Früchte, werden; aber ganz genau anzugeben, wie sich
das Eine auö dem Andern entwickelt, das vermag kein
Mensch. — Wir können daher diese großen Natur¬
begebenheiten nur anstaunen und bewundern; — und
müssen dann in tiefer Demuth bekennen: Der Urheber
uitd Regierer der Natur ist unaussprechlich groß!
Er ist ein allmächtiger, weiser, gütiger Gott;
und unser lieber Vater! — Damit ihr aber im¬
mer klüger und verständiger werdet, ist es nöthig, dass ihr
euch nicht allein über die Schönheit des Gartens freuet,
sondern ihr müsst auch alle Pflanzen, zu denen auch die
Bäume gehören, genau besehen und betrachten, und euch
ihr Wachsthum, ihren Namen und Nutzen merken. —
Karl. Erbsen kenne ich schon, Vater.
Louise. Ja, das glaube ich, weil Mutter voriges
Jahr dir so schöne Schoten davon gegeben hat.
Karl. Dieses Jahr bekomme ich wieder Erbsen.
Nicht wahr, liebe Mutter?
Mutter. Will sehen, wenn du recht artig bist. —
Vater. Wenn ihr denn des Sommers auf Alles
im Garten recht genau achtet, so werdet ihr sehen, dass
jedes Beet und fast jeder Baum nützliche und schöne
Früchte bringen; und ist eö gerade, als wetteiferten alle
Kräuter, Sträucher und Bäume im Geben herrlicher
Früchte mit einander. —
Lotte. Ja, wie viele Stachelbeeren haben wir
voriges Jahr gehabt!