348
Frankreich zu. Die Schlacht war für die Verbündeten gewonnen,
kein Theil hatte unrühmlich gestritten. — Die Franzosen hatten über
30,000 Todte und Verwundete, die Verbündeten 20,000!
Nach diesem großen Siege marschirte das verbündete Heer auf
Paris zu, und hielt am 7. Juli zum zweiten Male seinen Einzug in
diese Stadt. Die Waffen der Sieger zwangen abermals die über¬
müthigen Franzosen zum Frieden, welcher am 20. November zu Paris
unterzeichnet wurde. Napoleon ergab sich am 14. Juli den Englän¬
dern, welche ihn auf das öde Eiland St. Helena im stillen
Weltmeere brachten. Dort saß er gefangen, der außerordentliche
Mann, welcher Könige zu seinen Füßen, welcher ganz Europa vor
sich zittern gesehen. Mit schändlicher Grausamkeit mißhandelte ihn
sein englischer Scherge Hudson Lowe. Bis zum Jahre 1821
ertrug Napoleon sein Unglück mit einer Größe, welche sein Anden¬
ken ehrt und ihm die Herzen aller gebildeten Menschen wieder gewann.
Am 5. Mai 1821 starb der gewesene Herr der Welt, seines Sohnes
gedenkend, auf dem Eilande St. Helena. Eine Weide beschattet sein
einsames Grab. Erst im Jahre 1840 wurde Napoleons Asche, wie es
der Kaiser einst gewünscht hatte, nach Frankreich gebracht und in
Paris feierlich bestattet. Sein Unglück hat seine Schuld gesühnt,
und sem Ruhm leuchtet fortan durch alle Jahrhunderte!
AuS: Lesebuch in LebenSblldern.
22. Deutschlands jüngste Geschicke.
259. h. Der große Meister der Schlachten, der allgewaltige
Napoleon, war gestürzt, seine Macht vernichtet. Mit tiefbewegtem
und hocherfreutem Herzen bewillkommneten die Völker den längst
ersehnten, goldnen Frieden; denn es waren ja — namentlich in
Deutschland— millionenfache Wunden zu heilen, die der langdauernde
Krieg geschlagen hatte. Groß waren die Hoffnungen, welche die
Herzen der deutschen Volksstämme bewegten; doch nur sehr langsam
kam die Erfüllung. Namentlich übte ein Mann auf die Geschicke
Deutschlands seit 1815 einen mächtigen, doch den besonnenen Fort¬
schritt hemmenden Einfluß. Dieser Mann war der österreichische
Staatskanzler Fürst Metternich. Seiner feinen Staatskunst ge¬
lang es auch, den Völkern Deutschlands über dreißig Jahre lang
mehre heiß ersehnte Wünsche vorzuenthalten. Da zog nach und nach
Trauer ein in die deutschen Herzen. Wiederholt wandten sich die
Völker mit ihren Anliegen bittend an die Regierungen; allein die
Regierungen wähnten, den Bitten der Völker nur in^sehr wenigen
Punkten nachgeben zu dürfen, wenn nicht Unheil für die Völker
und für ganz Deutschland daraus entstehen solle.