Vorwort.
,WaS vorliegende „allgemeine Lesebuch" soll Musterstücke geben für
Geist und Herz, zur Förderung der sprachlichen und allgemein menschlichen
Bildung; aber es soll zugleich auch eine möglichst seste und sichere Grund-
läge zu dem, dem einstigen aufgeklärten und gut unterrichteten Bürger
und Landmanne Wissensnöthigen — zu den Realien — so weit thunlich,
aus Musterstücken bewährter Schriftsteller zusammengesetzt, bieten, worauf
der Lehrer sehr leicht ergänzend und erweiternd fortbauen kann."
So schrieb ich in der Vorrede zum I. Theile des allgemeinen Lesebuches,
worin ich die Grundsätze aussprach, die ich im Allgemeinen bei Bear¬
beitung meines Lesebuches festgehalten und durchgeführt habe. Deshalb
kann ich mich mit der Bevorwortung zu diesem II. Theile für Oberklassen
kurz fassen, indem ich, was die allgemeinen Grundsätze anlangt, ausdrück¬
lich aus das Vorwort zum I. Theile verweise.
Wenn im I. Theile für die Mittelklassen vorzugsweise auf das Ge¬
müth des Kindes ein- und hingewirkt wird, so tritt in diesem II. Theile
für die Oberklassen mehr das Einwirken auf den Verstand hervor, jedoch
wieder mit steter Berücksichtigung des Gemüthes. Ich meine, nur
auf diese Weise lasse sich wahrhaft Ersprießliches in unsern Volksschulen
erzielen. Zeither hat man einseitig vorzugsweise nur auf die Verstandes-
kräste des Kindeö hingewirkt, und die kindliche Gemüthswelt verkümmerte
schier neben der einseitigen Verstandes — mast! Hier hat die Jetztzeit eine
große pädagogische Sünde zu sühnen. Erst die Gemüthswelt gepflegt und
angebaut, dann werde dem Verstände sein Recht. Möchte es mir gelungen
sein, durch mein Lesebuch etwas zur Bethätigung der eben ausgesprochenen
Wahrheit beigetragen zu haben.
Die einzelnen Abschnitte anlangend, so sei in Kürze folgendes er¬
wähnt: Von den Erzählungen, Schilderungen rc. im ersten Abschnitte steht
auch nichr eine beziehungslos. Jede ist mit gutem Grunde dahin gestellt,
wo sie steht, und schon ein flüchtiger Ueberblick wird meine Versicherung
bestätigen. Für Herz und Gemüth dürfte dieser erste Abschnitt eine durch
und durch gesunde und kräftigende Nahrung bieten.— Was den zweiten
Abschnitt betrifft, so war ich bei der Auswahl der Bilder eifrig bemüht,
überall das Wichtigste, das wirklich Praktische auszuheben. Für die streng
spstematische Ordnung in der Naturgeschichte, der Geographie und der Ge¬
schichte wird man mir gewiß von vielen Seiten her dankbar sein. Andere
werden'S vielleicht auch tadeln. Nun, mich wird's nicht Wunder nehmen.
Viel Köpfe, viel Sinne. — Bei der Naturlchre und dem Gewerblichen
schien mir ein strenges System weniger nothwendig. — Der dritte Ab-
ichnitt bietet Muster zu den im bürgerlichen Leben am häufigsten vorkom¬
menden Geschäftsaufsätzen. Testamente habe ich aber hier nicht aufge¬
nommen, um nicht zur Verbreitung der Meinung beizutragen, daß ein
gültig e s, wirklich rechtskräftiges Testament eben so leicht vom ein¬
fachen Bürger oder Landmann gefertigt werden könne, wie eine Obligation
oder eine Quittung. Der gewissenhafte Familienvater soll und wird nie
ein Testament ohne Beihülfe eines braven Rechtsgelehrten niederschreiben.
— Was den vierten Abschnitt anlangt, so mußte im II. Theile eine
^ss^kre Zusammenstellung Platz greifen wie im I. Theile. Ich habe hier
die Gedichte nach den einzelnen, am häufigsten vorkommenden DichtungS-