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Geschichte. 
Die Perser waren schon längst mit dem medischen Herrscher 
unzufrieden, und riefen den Cyrus zu ihrem Könige aus. Als 
Astyages von dem Aufstande der Perser benachrichtigt wurde, 
versammelte er ein Heer, und schickte es unter Harpagus Anfüh¬ 
rung gegen sie. Dieser ging aus Rache mit dem größten Theile 
der Krieger zum Cyrus über. Da gerieth Astyages in Wuth und 
ließ alle Traumdeuter jämmerlich tödten. Dann zog er selbst mit 
seiner ganzen Macht gegen Cyrus; allein er wurde überwunden 
und gefangen. So ward die Schandthat, welche er an seinem 
Enkel hatte ausüben wollen, von der Vorsehung bestraft. Cyrus 
behandelte ihn indeß mit Achtung. Er behielt ihn bei sich, bis er 
starb. Das große Reich der Meder kam also an die Perser. 
Bald entstand in Cyrus eine unersättliche Begierde nach 
neuen Eroberungen. Sein Kriegsheer vergrößerte sich immer 
mehr; es zeichnete sich durch ungewöhnliche Tapferkeit und Aus¬ 
dauer aus. Schon hatte Cyrus mehrere Länder unterworfen, als 
auf einmal in Lydien der mächtige König Crösus sich ihm entge¬ 
genstellte. Crösus gebot fast über die ganze Halbinsel, die wir 
heut Kleinasien nennen. Er war unermeßlich reich, und hielt 
sich deshalb auch für den glücklichsten Mann von der Welt. Die 
erste Schlacht, welche Crösus dem Cyrus lieferte, blieb unent¬ 
schieden, die zweite jedoch gewann Cyrus; Crösus ward gefangen 
genommen, und sollte lebendig verbrannt werden. Man errichtete 
einen Scheiterhaufen, und setzte ihn mit den vornehmsten Lydiern 
hinauf. Schon zündete man an, da rief der unglückliche König 
laut: „O Solon! Solon! Solon!" — Cyrus ließ fragen, was 
das bedeute. „Ich rufe einen Mann," antwortete Crösus, „den 
ich allen Königen zum Lehrer setzen möchte." — Cyrus ward neu¬ 
gierig, ließ den Crösus vom Scheiterhaufen herabsteigen und 
vor sich führen. Anfangs wollte er nicht sprechen; endlich be¬ 
gann er: 
„O Cyrus! es werden wenige Menschen sein, die so hoch 
erhoben, und so tief gestürzt worden sind, als ich. Ich habe ein 
großes Reich besessen, und wenn du meine Schätze wirst gesehen 
haben, so wirst du sagen, daß ich gestern noch der reichste König 
von Asien war. Ich glaubte auch, ich wäre der glücklichste. — 
Einst kam ein weiser Mann aus Griechenland, Namens Solon, 
zu mir. Ich ließ ihm alle meine Kostbarkeiten zeigen, und war 
eitel genug, zu glauben, er werde über meine Reichthümer erstau¬ 
nen und mich glücklich preisen. Als er jedoch schwieg, und alles 
gleichgültig ansah, sagte ich zu ihm: Solon! du bist weit in der 
Welt gereist, hast viele Menschen gesehen, sage mir, wen hältst 
du für den Glücklichsten? Solon antwortete: einen Bürger aus 
Athen, Tellus. Ich wunderte mich, baß er einen gemeinen Bür-
	        
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